Große Sorge um unsere Demokratie
Viele Menschen fordern ein Verbot der AfD
Josef Pröll
Die Lagergemeinschaft Dachau gehört zu den Organisationen, die seit vielen Jahrzehnten auf die Geschichte der Anfänge des Naziregimes aufmerksam macht, um den „neuen Rechtsextremismus“ in Deutschland und in Europa richtig beurteilen und einschätzen zu können.
„Gefahren durch Rechtsextremismus und Antisemitismus würden bislang nicht ausreichend wahrgenommen“, zu diesem Ergebnis kommt der Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldewang in einem Fernsehinterview der Sendung „Kontraste“. Weiter sagt er: „Man hat sich sehr in seinem komfortablen Privatleben eingerichtet und man nimmt nicht hinreichend wahr, wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind.“
Maximilian Krah, der Europakandidat der AfD, sagt selbst ganz stolz: „Die Partei ist so rechts wie niemals zuvor.“ Alice Weidel lächelt zusammen mit Bernd Höcke in die Kameras. Die „Junge Alternative“, die Jugendorganisation der AfD, ist laut Verfassungsschutz „gesichert rechtsextremistisch“.
Viele Menschen in Deutschland machen sich ernsthaft große Sorgen um die Zukunft unserer Demokratie. Spätestens seit dem Prozess gegen die Mitglieder des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) wissen wir, dass es tiefe Verstrickungen der rechtsextremen Szene zu staatlichen Organen gibt. Ein Verbot der NPD ist gescheitert. Was für ein Trauerspiel. Auch wenn sich zahlreiche Politiker zu Wort gemeldet haben, wirkte die gesellschaftliche Reaktion auf diese gefährlichen Machenschaften bis jetzt viel zu leise.
Dabei zeigte schon die Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ von Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer zur Entwicklung der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ klar auf, wie sich die „Demokratieentleerung“ und die rechtsextremen Einstellungen in Deutschland stetig entwickelt haben. Im Jahr 2002 ist zu dieser Studie das erste Buch erschienen. Es folgten bis 2012 weitere neun Bände. Die Abwertung von Asylbewerbern, von Sinti und Roma, von Obdachlosen, von Behinderten, von Langzeitarbeitslosen innerhalb unserer Gesellschaft waren genauso Themen wie Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.
Führende Politiker der AfD und einzelne CDU-Mitglieder hecken mit Neonazis Pläne für die massenhafte Deportation von Deutschen mit Migrationshintergrund aus. Große Unternehmen unterstützen rechte Organisationen mit finanziellen Mitteln. Was die „Correctiv“-Redaktion in ihrer Recherche beschreibt, löst zu Recht bei vielen Menschen Entsetzen aus.
Durch die Demonstrationen vieler Zehntausender Menschen gegen Rechtsextremismus ändert sich das Bild in erfreulicher Weise. Wir können nur alle hoffen, dass sich diese Entwicklungen auch auf das Wahlverhalten der Bürger*innen auswirkt, die im Glauben sind, es gäbe eine Alternative zur Demokratie. Unsere gebetsmühlenartigen Forderungen „Wehret den Anfängen“ und „Aus der Geschichte lernen“ waren vielleicht doch nicht umsonst?
(erschienen in: Informationen der Lagergemeinschaft Dachau e.V., 52, 2024, S. 1)