Pastoralpsychologische Perspektiven im Land der Täter

Notizen und Zugänge aus einem Klärungsprozess 

Thomas Beelitz

Erschienen in: Transformationen. Pastoralpsychologische Werkstattberichte 21 (2014), 3-53.

Eine Druckfassung ist gegen Spende erhältlich durch / a printed version can be obtained through Deutsche Gesellschaft für Pastoralpsychologie e.V. (www.pastoralpsychologie.de)

Einführung

„Wir leben in einem Land, wo dem größten geschichtsbekannten Verbrechen mit Millionen und Abermillionen Opfern, die, wohl bemerkt, hinter den Fronten umgebracht worden sind wie Insekten, das größte Wiedereingliederungswerk für Täter folgte, das es je gegeben hat.“1 In diesem präzisen und kaum zu fassenden Sinn leben wir alle hier im Land der Täter.2 Eine Herkunft aus solchermaßen vergifteten Lebensverhältnissen3 aber bedeutet eine besondere Verantwortung auch in Seelsorge, Beratung und Supervision. Die folgenden Überlegungen gehen einigen Resonanzen und Interdependenzen nach, die bei diesem Thema entstehen – entlang wahrgenommener Widerstandslinien4, manchmal sehr persönlich, manchmal mehr suchend. Sie sind ein Gesprächsangebot.

Der Fokus auf die Täter widerspricht dem verbreiteten Trend im Land, der immer wieder neu dahin geht, die Transformation von der Täter- zu einer Opfergesellschaft zu bewerkstelligen: „[W]er könnte noch Täter sein, wenn alle Opfer sind?“5 Immer wieder erneut geraten wir in konstruierte ‚Entnazifizierungsprozesse‘, also vergebliche Selbstentschuldungsmaßnahmen. Das hat manche unangenehmen Konsequenzen. Im Schatten bleibt dabei, was die Eltern „als Generation, die für Nationalsozialismus und Krieg verantwortlich war, ihren Kindern angetan hat“.6 Die Nachwirkungen besonders von ‚Täterhaftigkeit‘ werden gerne übersehen.7 Die Nachwirkungen der Taten aber verschwinden nicht mit dem Sterben der historisch Beteiligten. „Die Gewalt bleibt, der Schmerz bleibt, die Schuld bleibt – wenn nichts dagegen getan wird.“8 Als Kompass zur Zeit der dritten Generation im Land der Täter seit der Shoah9 dient mir der Hinweis: „Jede Frage, die nicht gestellt wird, verstrickt tiefer in die Solidargemeinschaft der Schuld. Jede präzise Antwort führt einen Schritt aus der konkreten Schuldverstrickung hinaus. Das Vermächtnis ungesühnter Verbrechen wird durchbrochen, wo die Regeln der Solidarität der Schuld nicht mehr akzeptiert werden.“10Dem zu folgen ist viel komplexer, als manchmal gedacht. Es geht mir um den harten Trost der Genauigkeit, immer wieder um das Durchbrechen des Nebels, den die Solidargemeinschaft der Schuld fortgesetzt verbreitet.11 Und es geht um Anregungen für pastoralpsychologische Praxis und Ausbildung.

So oder so: Es gibt nur Pastoralpsychologie nach Auschwitz. Die Frage wird also immer nur sein können: welche?! „Es kann als anmaßend gelten, die unaussprechlichen Schrecken der Vergangenheit und ihre Auswirkungen auf die nächste Generation objektiv beschreiben zu wollen. Aber noch anmaßender wäre es, diese schreckliche Herausforderung nicht anzunehmen“.12 Da tun sich Gräben und Abgründe auf. „Kann man, nachdem man nach Auschwitz deportiert worden ist, Psychoanalytiker(in) sein? Die Antwort ist nein. Kann man ohne das heute Psychoanalytiker sein? Die Antwort ist wiederum nein. Aufklären, wie diese beiden Unmöglichkeiten sich verhalten, worauf ihre Beziehung beruht, scheint mir eine gute Weise, die Frage anzugehen: Welche Psychoanalyse nach der Shoa?“13 Wie also sich zwischen Anmaßungen und Unmöglichkeiten bewegen?!

Die folgenden Ausführungen sind geprägt von einer Mischung widersprüchlichster Stimmen und Gefühle – innerer und äußerer Chöre. Zu den widersprüchlichen Gefühlen gehört, dass historisch bedingt die Lebensverhältnisse in den verschiedenen Teilen unseres Landes gerade in Bezug auf dieses Thema auf verschiedene Weise problematisch waren und sind. Dennoch scheint man sich, in Ost wie in West bei „Opa war kein Nazi“14 einig zu sein. Wir sollten allerdings begreifen lernen, dass das Maß der Verleugnung psychoenergetisch dem Grad und der Art der Raserei entspricht, mit der sich das nationalsozialistische Deutschland aus dem Kontext der Zivilisation verabschiedet hatte. Die Verleugnung ist von ähnlich totalitärer Prägung. Sie gehört zur nachträglichen Wirksamkeit „der nationalsozialistischen Moral“.15

Für die zahlreichen Ermutigungen und Hinweise bis zu der hier vorgelegten vertiefenden Darstellung16 kann ich nicht genug danken! Bei mir entsteht dadurch die Idee, die Siegfried Lenz so ausdrückt: „Vielleicht ist die Hoffnung die letzte Weisheit der Narben.“17

1. Die Vergangenheit in uns

Das Ende „ist in uns; es ist zu unserem eigenen Sein geworden. Wir gehören zur Generation des Endes, und wir sollten uns dessen bewusst sein. […] Es ist das Ende eines Zeitalters, das sowohl durch seine Größe wie durch seine Lüge gekennzeichnet war.”18 1933 aus Deutschland vertrieben, charakterisiert Paul Tillich mit diesen Worten 1955 in den USA den Epochenwandel, der sich im 20. Jahrhundert vollzogen hat. Tillich (1886 – 1965) war nicht nur einer der Theologen, die der 1. Weltkrieg zu einem Bruch mit der herrschenden Theologie des 19. Jahrhunderts geführt hatte, sondern er gehörte schon dem Alter nach zu jener „ersten Generation…[, die] noch Widersprüche zulassen und nicht für jede ihrer Handlungen schlüssige Erklärungen haben“ musste.19 Das wurde später deutlich anders und wirkt in vielfältiger Weise bis heute nach.

Geistig-seelische Positionierungen aus bewusst theologischer Perspektive, die sich in ähnlich selbstkritischer Nüchternheit den Wandlungsprozessen der letzten einhundertfünfzig Jahre stellen, sind selten. Wenn es sie gibt, werden sie oft ignoriert, wie am Beispiel der theologischen Einschätzungen Reinhold Niebuhrs später gezeigt wird, oder in schwindelerregender Eile vergessen. Tod, Lüge und Verlust prägen wie eine negative Trinität das seelische und körperliche Erleben und, wie Tillich präzise bemerkt20, das wird nie wirklich vergehen. Es wirkt als Stachel, als Verpflichtung fort. „Das ist kein böses Prinzip, sondern die nüchterne Realität der Gewalt in dieser Welt.“21 Dieser Nüchternheit wird hier ein hoher pastoralpsychologischer und theologischer Erkenntniswert zugetraut.

„Soll ich sagen, woran ich gedacht habe – nicht nur damals, sondern woran ich nahezu täglich denken muss, so dass es einem fast den Schlaf raubt, dass es uns müde macht zu jedem guten Werk, dass es uns hinterher geht wie ein Gespenst, welches uns nicht in Ruhe lässt, wenn anders wir überhaupt nur ein wenig tiefer graben und nicht einfach uns in irgendeinen sturmfreien Raum zurückziehen – und es kann ja auch die Kirche, es kann ja auch die Theologie ein solches Rückzugsgebiet derer sein, die hier vor jenen Stimmen Ruhe zu finden hoffen. Ich finde, dass wir ein Unglück heraufbeschworen haben, das uns aus ungezählten toten und lebendigen Augen anschaut, das uns entgegenkommt in den Leiden der Kinder, der Frauen, der Heimatlosen und der Entrechteten, so dass man schon ein Herz aus Stein haben muss, um das nicht zu fühlen. Irgendwie ist doch der Boden, auf dem wir leben, mit Leichen gedüngt. Irgendwie […] sind wir doch – oder was soll noch passieren – zu einer radikalen Umkehr aus unserer politischen Existenz aufgerufen. Es ist weder gut noch klug, jetzt aus irgendwelchen taktischen Gründen die furchtbare Tatsache abzuleugnen, dass das, was wir erfahren haben, ein Gericht ist – nicht nur über unsere eigenen politischen Maximen, sondern auch über unsere Väter.“22

Wir können als später Geborene das nach der Shoah ausgebliebene „entblößende[..], autobiographisch-theologische[..] Bekenntnisstammeln“23 nicht nachholen. Es ist und bleibt uns aufgegeben.24 „‚Es ist so furchtbar schwer, hier in diesem Land sich mit sich selbst zu befassen. Jeder Fehler, den man betrachtet, wenn man es mit aller Konsequenz macht, der führt immer wieder in die Nazizeit.‘ Wenn diese grundlegende Wahrnehmung von der Umgebung nicht geteilt wird, steckt darin eine tiefe Bedrohung – für alle.“25 Das ist immer wieder spürbar. Manchmal „könne man nicht mal Zähne putzen aus Angst, kotzen zu müssen“, so Ernst Klee.26 „Kann die Herkunft aus gleichsam vergifteten Lebensverhältnissen eine besondere Art von Verantwortung stiften?“ überlegt Jürgen Habermas in seiner Laudatio auf Jan Philipp Reemtsma.27 Dieser stellt fest: „Man trägt Verantwortung für sein Handeln und dessen Konsequenzen. Und man trägt Verantwortung für die Konsequenzen vergangenen Handelns, wenn die eigenen Handlungsmöglichkeiten Konsequenzen aus diesem vergangenen Handeln sind. Wer sich die realen und möglichen Rechtspositionen einer Institution zu Eigen und zu Nutze macht, übernimmt die Verantwortung, als deren Träger er die Institution sehen muss.“28 Verantwortung soll hier genauer verstanden werden als „die Fähigkeit, die innere Resonanz auf ein Geschehen zuzulassen“.29 Gleichzeitig gilt es, sich dabei auch vor der „Allmacht der Verantwortlichkeit als Abwehr gegen traumatische Hilflosigkeit“30 zu schützen. Immer wieder ist zu erleben, was Richard Picker beschrieben hat: „Die Nazivergangenheit ist für mich ein Phänomen der Machtergreifung. Es infiziert mit sich selbst, es bedroht mit Distanzverlust jede konkrete Annäherung.“31

Damit diese Überlegungen nicht moralisierend missverstanden werden, sei betont: „Es ist verständlich, dass die meisten das verdrängten oder nach Kompensation suchten. Solcher Beteiligung an kollektiven Grausamkeiten irgendwie öffentlichen und gemeinsamen Ausdruck zu verleihen, ist in keiner Weise und in keiner Gesellschaft entwickelt worden.“32 Zu plädieren ist jedoch für den Abschied vom Gestus des Bewältigens von dieser Schuld. Angesichts der verübten Gräueltaten ist ‚Bewältigung’ eine zutiefst unanständige, ja im wörtlichen Sinn schamlose Idee! Das von deutscher Seite wahrzunehmen, ist aber vielleicht erst jetzt zur Zeit der dritten Generation33 seit der Shoah kollektiv möglich. „Dem, was mich bis ins Halbbewusste zutiefst erschüttert, kann ich nicht durch Nichtbeachtung entkommen, ich muss es, wenigstens ausschnittweise, anschauen lernen, auch ohne die Illusion, irgendetwas ändern zu können.“34Den Wahrheiten standzuhalten ist mein Ziel. Von dem ich immer wieder merke, dass es nur, und auch dann nur unstet, mit Hilfe eines vorübergehend eingenommenen Blicks von der Seite her gelingt.35

2. Die Unterseite meiner Seelsorge

Zu meiner Einführung 1995 in meine erste Stelle als Pfarrer für Seelsorge im Krankenhaus ließ ich mir die Gedichte von Nelly Sachs36 schenken. Ich wollte sie für mich in diese Aufgabe als eine Art Wegzehrung mitnehmen können. Ich habe dann aber kaum über die Gedichte gesprochen oder sie in meiner Arbeit direkt verwendet. Ihre Gedichte waren sozusagen nur bei mir. Auch las ich damals auf dem Weg zu und von meiner Arbeit mit Patientinnen und Patienten im Krankenhaus – es waren besonders oft schwer krebserkrankte und sterbende Menschen – aus Primo Levis Aufzeichnungen vom Erleben in Auschwitz. Ich erlebte das für mich als irgendwie klärend und tröstlich; es grundierte mein Erleben mit Schwerkranken und Sterbenden. Und ich empfand seine Überlegungen inspirierend für mein Verarbeiten. Das aber ist nur auf den ersten Blick seltsam. Denn es gibt wahrscheinlich nichts, wie Paul Ricoeur schreibt, was die Kohärenz einer angeblich sinnvollen gemeinsamen Welt mehr infrage stellt, als die Zeugnisse der Überlebenden der Konzentrationslager.37 „Die Opfer von Auschwitz sind in besonderer Weise für unser Gedächtnis die Vertreter aller Opfer der Geschichte.38 Das provoziert eine Analogie, auf die Franziska Henningsen aufmerksam macht: Levi schildert in seinen autobiographischen Aufzeichnungen, wie er selber sich durch die Erinnerung an die auswendig gelernten Verse von Dantes Inferno in Auschwitz am Leben erhielt.39 Eine für mich seither besonders wichtige Anregung seinerseits ist jene zur Realität der Seele als intersubjektives Erleben: „Ein Teil unseres Seins wohnt in den Seelen der uns Nahestehenden: darum ist das Erleben dessen ein nichtmenschliches, der Tage gekannt hat, da der Mensch in den Augen des Menschen ein Ding gewesen ist.“40 Das bringt bei mir bis in die Gegenwart viel aus meiner Arbeit in der Krankenhausseelsorge zum Klingen; die Worte begleiten mich seither. In meinen Antworten auf die Frage jedoch, die mir über die Jahre häufiger gestellt wurde: „Wie ertragen Sie denn diese schwere Arbeit?“ habe ich nie auf diese Interessen und schon gar nicht auf meinen persönlichen Hintergrund verweisen können. Dabei ist beides eigentümlich passend: Denn „über die medizinische Symptomatik wird sicher mancherorts die Spitze eines Eisberges sichtbar, dessen Basis in bedrohlicher Weise zur unbewältigten NS-Vergangenheit führt und der nicht nur Täter extremer Verbrechen betrifft, sondern mehr oder weniger ein ganzes Volk.“41 Mit den Gedanken bei den Kranken und Sterbenden erinnere ich mich an Robert Raphael Geis, der mit Bezug auf Leo Baeck formulierte: „Nur die Gemeinschaft der Märtyrer bei Juden und Christen gibt den Versuchen des Verstehens eine neue Chance.“42 Sowohl das Erleben wie das Deuten in der Seelsorgearbeit haben mit diesen Dimensionen sehr konkret zu tun, oft ohne dass wir es merken und nicht nur als eigenes persönlichkeitsspezifisches Profil. Für die notwendigen Differenzierungen diesbezüglich aber gibt es kaum Hinweise.

In Theologie und Seelsorge hat leider und bezeichnender Weise die NS-Vergangenheit erstaunlich wenig Platz in der konkreten Arbeit bekommen.43 Aus über zwanzig Jahren Krankenhaus- und zeitweise Altenheimseelsorge erinnere ich eine Vielzahl von Gesprächen mit Männern und Frauen über ‚die Kriegszeit‘. Mit dieser einschränkenden Fokussierung aber bleibt „die aktive Beteiligung an politischer Unterdrückung, Holocaust und Welteroberung ausgeblendet“44. An spezifische Tätererinnerungen, an eigene Taterinnerungen meiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner, oder an solche aus den Familien, mit Bezug auf die aktive Beteiligung an den kollektiven Gräuel der NS-Gesellschaft, erinnere ich mich nicht. Und auch ich habe lange selber nicht aktiv in diese Richtung gefragt und solche Fragen zulassen können. Wie auf Klientenseite so auch auf Seiten der Seelsorgenden kommen diese Inhalte nur direkt nachgefragt bzw. sie aktiv zulassend vor.45 Das „Phänomen der doppelten Mauer“46, wie Dan Bar-On und Israel W. Charny das beschrieben haben, prägt die pastoralpsychologische Praxis in all ihren Varianten (Klientenarbeit, Selbsterfahrung, Supervision, Ausbildung usw.).

In der Klinikseelsorge habe ich für mich eine analogisierende Übertragung probiert: „Diese sind’s, die gekommen sind aus der großen Trübsal“ (Offb. 7, 14). Letztlich glaube ich wohl selber nur das, wofür die Zeugen umgebracht worden sind. Kann man heute überhaupt weniger apokalyptisch glauben? Geht es mit weniger Gewalt? Nur man glaube nicht, dass man auf diese Weise der Vergangenheit entkommt! Es schreibt sie sogar fort.47 Gerade das apokalyptische Märtyrermodell selbst wurde von den Nationalsozialisten und ihrer Propaganda besonders favorisiert: Man denke z.B. an Horst Wessel und Bernd Rosemeyer. Von letzterem erzählte und schwärmte meine Mutter ‚unauffällig-unschuldig‘ auch noch, als die NS-Zeit lange offiziell vorbei war. In diesem Fall erweist sich tatsächlich das apokalyptische Märtyrermodell hier bereits als Teil eines eigenen familienspezifischen Credos.

3. Das Ende der Langeweile

Die endemisch beobachtete Langeweile unter uns48 – auch als „Mehltau“49, „Schleier“50 oder „Schläfrigkeit“51beschrieben – hat in dem Moment ausgedient, wo man der allgemeinen Verleugnungen und der eigenen Verstrickungen ansichtig wird, wo die öffentliche Auseinandersetzung mit der Elterngeneration nicht mehr vor der Haustür der eigenen Familie endet.52

Persönlich bin ich in West-Berlin aufgewachsen, bin Jahrgang 1953 und gehöre zu einer Täterkinder-Generation, die als 1968er Kohorte53 charakterisiert werden kann. Seit den 1970er Jahren arbeite ich in der evangelischen Kirche in Deutschland. Von der Vergangenheit meines Vaters, er war Jahrgang 1908, habe ich früh und indirekt erfahren: Er war bei einer motorisierten Infantrieeinheit der Waffen-SS – im Krieg gegen Polen und gegen die Sowjetunion besonders bei sogenannten „Säuberungskämpfen“ und in der „Partisanenbekämpfung“ eingesetzt.54 Im Herbst 1941 war seine Einheit an der Ermordung von sowjetischen Juden durch die Einsatzgruppe C beteiligt.55 Von Ende 1942 bis Kriegsende war mein Vater, er war Jurist, für das Hauptamt SS-Gericht tätig – hauptsächlich im SS- und Polizei-Strafvollzugslager Danzig-Matzkau. Dort war er zunächst Untersuchungsführer (Gerichtsoffizier, Leiter der juristischen Abteilung und Hilfsrichter) und dann Kommandant im Rang eines SS-Hauptsturmführers. Jahrelang haben verschiedene Staatsanwaltschaften der Bundesländer und die Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen in Ludwigsburg in mehreren Verfahren gegen meinen Vater ermittelt. Zu einer Verhaftung kam es nicht; keine Anklage wurde erhoben. In der Hauptsache geschah das zeitlich parallel zu meiner eigenen Schulzeit 1959 – 1972. In der Familie wurde darüber nur gelegentlich und als empörende Belästigung im Sinne einer ‚verfolgten Unschuld‘ gesprochen. Von der Mitgliedschaft meines Vaters bei der Allgemeinen SS und im NS-Rechtswahrerbund bereits seit Herbst 1933 und bei der NSDAP seit 1937 habe ich konkret erst nach seinem Tod 2008 aus dem Nachlass erfahren. Mein Vater war weder interniert noch in Kriegsgefangenschaft; und er wurde natürlich auch nicht persönlich aus der SS oder seinen Funktionen entlassen.56 Bis auf eine Knöchelverletzung durch einen Reitunfall mit seinem Dienstpferd beim Ausritt aus dem erwähnten Lager hatte er keine sichtbaren Kriegsverletzungen. Verdeckt lebend in Bayern wurde er 1947 in der Entnazifizierung durch die amerikanischen Alliierten als „Mitläufer“ eingestuft und mit einer Geldsühne von RM 50,- wegen eingestandener NSDAP-Mitgliedschaft belegt.

Hinzu kommt für mich: „Ich bin mit einer gewöhnlichen Nazimutter groß geworden.“57 Meine Mutter war Jahrgang 1912; sie war organisiert in der NS-Frauenschaft. Bedrückend oft trifft noch zu: „[B]islang [ist] die Funktion von Frauen im nationalsozialistischen Herrschafts- und Mordsystem nicht genügend beachtet [worden]… Mit dieser Vernachlässigung erweist man der NS-Mythologisierung der ‚deutschen Frau und Mutter‘ noch einen letzten Dienst“.58Tatsächlich bleibt es mir bis heute praktisch unbegreiflich und ist kaum aufzulösen: Ich hatte eine Johanna-Haarer-Lehrbuch-Mutter, sie war in vieler Hinsicht sozusagen fleischgewordene Haarer-Anleitung. Zur Geburt meines eigenen Sohnes schenkte sie uns tatsächlich als Ausdruck ihrer Freude über ihren ersten Enkel ihr Exemplar von Johanna Haarer Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind59 aus dem elterlichen Bücherschrank. Mit ein paar Abstrichen sei das, so ihre Worte, noch heute ein wertvoller Ratgeber. Damals war sie 85 Jahre alt und es war 1997. Wir haben dankend verzichtet.

Erst im Nachlass meines Vaters habe ich entdeckt, dass er Ende 1944 aus der evangelischen Kirche ausgetreten ist – auf Grund eines ihm übermittelten persönlichen Befehls des Reichsführers SS Heinrich Himmler. Zum 9. November 1944 war mein Vater zum SS-Sturmbannführer vorgeschlagen worden; aber Kirchenaustritt und Eheschließung fehlten. Historisch betrachtet waren die SS-Formationen, zu denen mein Vater gehörte, nicht einfach ‚normale Deutsche‘; sie repräsentierten „einen radikalen, nationalsozialistisch orientierten Teil der deutschen Gesellschaft“60. „Diese waren damals für uns Götter.“61 Robert Kempner nennt sie „Die Elite, die Europa in Scherben schlug.“62

In ihrer nachhaltigen Wirksamkeit kaum wirklich abschätzbar ist deren typische Doppelgesichtigkeit.63 Sie fand und findet sich bei vielen aus dem Tätervolk, also nicht nur bei den NS-Eliten oder deren Nachkommen. Neben anderen hat Martin Buber auf sie aufmerksam gemacht: In einer „Generation der Lüge“ bekommt man es typischerweise mit „einem doppelten Herzen“, mit einer abgründigen, Falschheit hervorbringenden Doppelzüngigkeit auf der Ebene des Herzens zu tun.64 Das ist eine geteilte Doppelzüngigkeit. Die Lüge ist nicht bloß Eigensinn; sie wird Gemeinsinn. So stellte der evangelische Pfarrer der Genezareth-Kirchengemeinde in Berlin-Neukölln im Juni 1946 der gesamten Familie meines Vaters, und ausdrücklich meinem Vater selbst, das Zeugnis aus, „immer auf christlicher Lebensgrundlage gestanden“ zu haben.65 Das verdeckte Überleben meines Vaters zu jener Zeit war aber, wenn überhaupt, in Berlin höchstens im allerengsten Familienkreis bekannt. Weder sein amtsgerichtlich dokumentierter Austritt aus der evangelischen Kirche noch ein Wiedereintritt sind auf Seiten der Kirche bekannt oder vermerkt. Der Taufschein meines Vaters wurde im Jahr 1950 in seiner Berliner Heimatgemeinde neu ausgestellt: ganz so als wäre d(ies)er ‚Schein‘ verloren und die „unheilbare Versündigung“66 auf diese Weise zu beheben.67 Der ursprüngliche Taufschein von 1908 ist aber in den Unterlagen erhalten. 1952 wurden meine Eltern kirchlich getraut – ohne weiteres und seltsamerweise ebenfalls ohne dass es davon eine offizielle Spur in den Kirchenbüchern gibt. Lüge als Gemeinsinn imponiert sich als gewaltiges Kuddelmuddel. Dies erscheint, versucht man sich diesem Komplex konkret zu nähern, wie eine überwältigende Verklausung (log jam). Es soll auch wirklich jeder Zugang verunmöglicht werden! Diese besonders wirksame Form der Verleugnung scheint noch vor den sprachlichen Verklausulierungen68 zu liegen, die auf Täterseite immer wieder beobachtet worden sind.

4. Sätze als Täterkind zum Thema Schuld, Scham, Verantwortung und Haftung

  • Natürlich kann ich nichts dafür, was mein Vater und meine Mutter – oder allgemeiner: die Generation meiner Eltern bzw. Großeltern – getan (oder nicht getan) hat. Das war vor meiner Geburt. Dafür trage ich keine Schuld.
  • Natürlich kann ich nichts dafür, in was für eine Familie ich hineingeboren wurde. Da gibt es bei mir keine Schuld und dafür brauche ich mich auch nicht zu schämen.
  • Natürlich will ich wissen, was genau geschehen ist und gemacht wurde – allgemein und im Besonderen von meinen Eltern bzw. Großeltern. Erklärungsbedürftig sind das Nicht-Wissen-wollen und das Nicht-Fragen-können.
  • Natürlich schäme ich mich als Sohn, mit einem SS-Vater zu tun zu haben. „Ich schämte mich. Ich schämte mich meiner Familie, und ich schämte mich auch, weil ich mich meiner Familie schämte, und es war mir wie einem Hund zumute, den die Hundefänger mit ihren Netzen umstellt haben.“69 Und die Scham bleibt.
  • Natürlich kann ich, was geschah, nicht ungeschehen machen. Keine Anstrengung heute kann an dem, was geschehen ist, etwas ändern.
  • Natürlich habe ich mein Aufwachsen und meinen Lebensweg mitgestaltet. Diesbezüglich trifft mich jede mögliche (Mit-)Schuld und Scham.
  • Natürlich gestalte ich das Erinnern an das, was geschah, mit. Das ist meine Verantwortung; dafür hafte ich.
  • Natürlich trage ich dazu bei, was in Zukunft mit diesen Erinnerungen werden kann – bei mir und auch bei anderen. Das ist meine Verantwortung; dafür hafte ich.

In diesem ausgezeichneten Sinn Täterkind zu sein, ist zugleich eine Last und eine Gabe. Man kann sagen: „Wer eine Bürde gut trägt, baut Kraft auf“.70 Und wenn es wider Erwarten gut geht, ist es ein Beispiel für bitteres Glück: „So ein bitteres Glück ist an und für sich mehr wert als glattes Glück – es hat immer zu viel gekostet, aber einem noch mehr erspart. Vom bitteren Glück wird man nicht getragen, man hat es zu schleppen.“ 71

5. Zwischen den Gleisen: Pastoralpsychologische Positionierungen im Land der Täter

Jürgen Müller-Hohagen hatte darauf hingewiesen, dass „doch die Altenheime seit Jahrzehnten voll von Themen aus der NS-Zeit“72 sind. Dasselbe hat für die Psychiatrien gegolten: „Die bundesdeutsche Psychiatrie ist voll mit Menschen, die nicht bereit waren, die ‚Ver-rücktheit‘ des dritten Reiches, ihre direkte Vergangenheit und die ihrer Eltern mit dem Deckmantel der Scheinnormalität zu umhüllen.“73 Bis in die heutige Zeit werden selbst die pastoralpsychologisch prominenten Themen Sterben, Tod und Trauer nicht auf unsere gesellschaftlichen Lebensbedingungen mit dieser Vergangenheit bezogen.74 Die Nazivergangenheit vergiftet weiter gleich einem lebenden Leichnam die Gegenwart.75

Manchmal erkennt man das erst im Nachhinein. So lebe ich als Anwohner im Bayrischen Viertel in Berlin-Schöneberg in einem Denkmal76 und bin außerdem an den beiden Orten meiner Beauftragung zur Krankenhausseelsorge mit diesen Spuren unmittelbar konfrontiert worden. Das Evangelische Waldkrankenhaus Spandau hat nach 1995, als landesweit das 50 Jahre zurückliegende Ende des Zweiten Weltkriegs Beachtung fand, seine Geschichte am Ort erkunden und dokumentieren lassen.77 Am Ort des Zwangarbeiterlagers, und zunächst in den alten Gebäuden, der Arbeiterstadt „Große Halle“ wurde nach Kriegsende das Krankenhaus gegründet. Das Emblem des Sämanns, das sich als Wetterfahne auf dem Torhaus der ‚Arbeiterstadt‘ befunden hatte, wurde jahrzehntelang als Logo für das evangelische Krankenhaus verwendet. Die ‚Saat‘ von Hakenkreuzen war entfernt worden. Das Berliner Krankenhaus Wuhlgarten ist in den letzten Jahren als Ort der „Euthanasie“ erkundet worden.78 Dabei sind auf dem Gelände auch Massengräber mit tausenden Toten bekannt geworden. Das Krankenhaus war beteiligt an den Vernichtungen sogenannten lebensunwerten Lebens, auch wenn es selbst keine Gaskammern hatte. Maßgeblich Beteiligte sind nach dem Krieg in leitenden Positionen weiter beschäftigt worden.

Zwischen den Gleisen geht das Leben hier auf sehr merkwürdige Weise weiter: Räume der Leere inklusive. Diese metaphorisch verdichtete Formulierung wird hier vorgeschlagen als topologische Kennzeichnung für eine pastoralpsychologische Positionierung angesichts einer Geschichte kollektiver Gräueltaten. Über die konkreten Gleise rollten die Züge in die Vernichtungslager; Berliner Quartiere etwa liegen oft buchstäblich zwischen diesen Gleisen. Und auf metaphorischer Ebene laufen wir weder individuell noch gemeinschaftlich in den überkommenen Gleisen einfach weiter; auch übelste Wiederholungen sind genau genommen keine Reproduktionen des Selben. Noch aber sind uns Neuanfänge in kompletter Distanzierung möglich; Schlussstriche waren, sind und bleiben Illusion. Es gibt wohl nur den dritten Weg: Wege zwischen den Gleisen. Das kann vor mancher Kurzschlüssigkeit bewahren.79

Wir haben die Brüchigkeit des Bruchstückhaften, das wir im Land der Täter zu produzieren in der Lage sind, noch gar nicht wirklich wahr und ernst nehmen können. Selbst die Sprache fehlt uns dafür. Letztlich jedoch, so ist zu unterstreichen, erweist sich „dieser deutsche Kontext [als] ein ganz besonderer Fall des auch anderswo anzutreffenden Unbehagens des Christentums an sich selber“.80

5.1. Auf dem Weg zu einem persönlichkeitsspezifischen Credo

Im praktischen Vollzug ist die Pastoralpsychologie ein biographisch-lebensgeschichtlich fokussierender Beratungsansatz, der bewusst interdisziplinär Aufklärung über den individuellen „Sitz im Er-Leben“ gerade auch von religiösen Anliegen ermöglicht. In der Pastoralpsychologie besteht „die Chance, sowohl die Glaubensanliegen des einzelnen als auch seine Glaubensvollzüge und deren Auswirkungen im Beziehungsbereich persönlichkeitsspezifischverstehen zu können“.81 Als Aufgabe der Pastoralpsychologie ist dabei zweierlei im Blick: Es geht erstens „um die Ermöglichung eines persönlichkeitsspezifischen Credos“ und zweitens um die Befähigung diese individuellen Erlebnisformen mitteilbar und in Beziehung kommunikabel werden zu lassen. So verstanden fördert und ermöglicht Pastoralpsychologie die glaubensbezogene Identitätsfindung und die Gemeinschaftsbildung der Verschiedenen. Das erstere wird, wie Klaus Winkler zusammenfasst, oft nur verschämt wahrgenommen und verdeckt behandelt; das letztere ist immer wieder eine neue Herausforderung.

Ich selber habe mir das Mit-dem-persönlichkeitsspezifischen-Credo immer nicht nur allgemein und umfassend als Verbindung von Person und Rolle vorgestellt, sondern sehr konkret und durchaus buchstäblich, gleichsam formgeschichtlich: Ein persönlichkeitsspezifisches Credo findet verdichtet Ausdruck in einer individuell ausgewählten Glaubensaussage. Diese kann aus der Schrift oder aus der Tradition stammen, gleich welcher Art diese Schrift oder diese Tradition sind. Und es stellt sich mehr oder weniger spontan oder plötzlich ein. Obwohl ich mich sehr verändert habe, hat sich mein persönlichkeitsspezifisches Credo seit frühester Studienzeit nicht verändert: „…aber des Menschen Sohn hat nicht, wo er sein Haupt hinlege“ (Lukas 9, 58).82 Ein persönlichkeitsspezifisches Credo kann erarbeitet und erkundet werden, erfordert aber im persönlichen Umgang und in der Verwendung in der Beratung viel Umsicht und Erfahrung. In zahlreichen Seelsorgesituationen kann die Perspektive auf ein persönlichkeitsspezifisches Credo als gezielte Interventionstechnik genutzt werden: „Sie waren, haben sie erzählt, damals in der Kirche. Gibt es aus dieser Zeit einen Satz, oder ein Lied, woran sie sich noch manchmal erinnern?“ Das eröffnet im Seelsorgegespräch ein gemeinsames Erkunden von religiösen Kontrollüberzeugungen.83 Ein 92-jähriger Patient mit neuer Krebsdiagnose erzählt so gefragt im Krankenhaus, er habe im Konfirmandenunterricht „Ein feste Burg ist unser Gott“ gesungen. Er hatte das Lied dann gerne und häufig im Gefangenenchor Anfang der 40er Jahre in der Sowjetunion gesungen. Dort fand er Anschluss an das Nationalkomitee ‚Freies Deutschland‘. Heute singt er das Lied mit seiner Lebenspartnerin zusammen mit anderen Volksliedern, wenn sie an der Ostsee spazieren gehen. Das fokussierende Sich-Erinnern im Rahmen eines Seelsorgegesprächs aktiviert religiöse Ressourcen. Zur Kirche geht er schon lange nicht mehr. Der erste Vers des Liedes aber ‚singt‘ während des Gesprächs im Raum. Am Ende des Gesprächs im Krankenzimmer bitte ich ihn, wenn er „Ein feste Burg ist unser Gott“ wieder singt, sich an unsere Begegnung zu erinnern. Schließlich also bittet der Seelsorger hier den Patienten um ein Gebet für sich (den Seelsorger!) in der Zukunft.

5.2. Ein zweites Lernen: Vom persönlichkeits- zum familienspezifischen Credo

„Alle schlechten Eigenschaften entwickeln sich in der Familie. Das fängt mit Mord an und geht über Betrug und Trunksucht bis zum Rauchen.“84

„Seit Jahrhunderten gab es das Verbot der Entdeckung unmenschlicher Absichten bei Eltern wie bei Autoritäten, gab es den willigen Glauben an die Propaganda der christlichen Idealisierungen, gab es das Verbot der Entdeckung der objektiven Heuchelei in der christlichen Gesellschaft und der systematischen politischen Lüge.“85

Auch Friedrich Nietzsche wusste, „man ist nicht ungestraft das Kind seiner Eltern.“86 Die Familie ist ein zentraler Schauplatz auch für unerwünschte kulturelle und psychologische Transfers.87 Das gilt für religiöse Transfers ebenso. „Wir wuchsen als Kinder in einer Welt der Täuschung auf.“88 „Sie haben uns in einer Welt der Kollusion, der Lüge, der Schiefheiten aufgezogen.“89

Wir kommen hier praktisch alle aus deutschen Schweigefamilien. Aber nicht nur die Täter, nicht nur die Männer, nicht nur die (Groß-)Väter haben geschwiegen. „Die Mutter schwieg. Dieses Schweigen der Frauen in den Nazifamilien! Dieses immer den Mann entschuldigende, um Verständnis für ihn ersuchende Schweigen! Dieses Schweigen, was immer den Geruch der Gefolgschaftstreue an sich hatte, und so selten den der Verzweiflung, der Angst, des Versagens.“90 „Wahnsinn, diese Töchter!“91 Und verstrickt in schreckliche Loyalitäten schwiegen und schweigen auch die Kinder. Vielfach kann erst die Enkelgeneration überhaupt Fragen stellen, ohne unmittelbar in neue Gewaltausbrüche gegen sich und andere zu geraten. Das ist ein selektives Schweigen der Familienverbände. „Jedes Familienmitglied ist verpflichtet, eine im ganzen ‚gute Geschichte‘ der Familie in der NS-Zeit fortzuschreiben.“92 „Erlaubt ist alles, was dem Erhalt der Familie nützt – auch der Mord, auch die Mitwirkung an der Vernichtungsmaschine. Alle nicht zur eigenen Sippe gehörenden Menschen dürfen dabei umstandslos den eigenen Interessen geopfert werden.“93 Wenn dies das eigene familienspezifische Credo ist, hat das weitreichende Konsequenzen für jede Art von Zugehörigkeit und für die damit verbundenen Gefühle, Sehnsüchte und Ängste. Das Schweigen im Familienverband ist ein Schweigen in der Institution Familie über Generationen hinweg. Das wiederholt sich in größerem Maßstab in Institutionen, die ihre Schweigezonen organisational absichern. Die Tabus der Kirchen sind dafür ein Beispiel.

Die Scham, sich der eigenen, eben auch emotionalen, Vergangenheit zu stellen, ist weit verbreitet. Sie zu bearbeiten, ist oft zu schmerzhaft und zu überwältigend. Man verliert sein Gesicht, findet aber womöglich zu seinen Tränen.94 Im Zusammenhang mit ‚Kirche’ erfahren diese Nachwirkungen der NS-Zeit aber eine über das übliche verheerende Maß hinausgehende besondere Aufladung. „Mir fällt ein, wie mich bei der Konfirmation meines Neffen, in der vollen Kirche plötzlich eine unbändige Wut packte und ich am liebsten laut geschrien hätte: ‚Ihr seid doch alles Heuchler, sitzt hier, redet über Gott und die Liebe und habt Unmengen von Menschen umgebracht oder es geduldet.’ Ich bin selbst erschrocken über die Vehemenz der Gefühle und die Klarheit der Sätze. Ich habe natürlich nicht geschrien. Mir wurde etwas schlecht, ich musste weinen. Das fiel nicht weiter auf.“95

Inwieweit hat mir die Kirche hilfreich sein können oder mich behindern müssen, auf dem Weg mit dem Erbe als Täterkind umzugehen? Persönlich habe ich die evangelische Kirche mit meinem belastenden familiären Hintergrund seit meiner Jugendzeit als eine Art ‚Ersatz-Familie’ entdecken und wahrnehmen können. Viele Einzelpersonen haben dazu beigetragen. Und ich bin meiner Kirche dankbar für diese Art Asyl: Es hat mir die Welt geöffnet! Asyl ist für mich, ein heiliger Ort, ein Schutzraum vor verfolgender Gewalt – auch vor und in der Familie. Bei mir ist dabei ein paradoxes Gefühl entstanden: Dieser Schutzraum wurde zu einer Öffnung ins Weite, wie eine Spur zur Welt und ganz so, als ob das Zur-Welt-Kommen dadurch selber nachgeholt werden könne. Andererseits empfinde ich diesen Zugang zur Kirche auch als Festlegung auf eine verzwickte Idealisierung, auf den ‚Ersatz’ eben, die mir nach wie vor manche Mühen im Umgang mit meiner Kirche bereitet. Ein Ersatz hat seine eigenen Tücken. Damit werden Umrisse eines eigenen familien-spezifischen Credos angedeutet. Diese Verzwicktheit kann noch zunehmen oder sich ganz anders darstellen, wenn die familiären Verhältnisse selbst, wie in der evangelischen Kirche besonders häufig der Fall, durch kirchliche Berufe geprägt sind.96 Derartige zusätzliche biographische Interessenskollusionen liegen bei mir nicht vor.97

In dem veränderten Fragenkönnen der gegenwärtigen dritten deutschen Generation seit der Shoah entsteht aber der Zweifel neu, ob wir als christliche Theologinnen und Theologen über ausreichend adäquate konzeptionelle Mittel verfügen, um die anstehenden Wege einer Theologie im Angesicht der Opfer, die ja auch ihre eigenen Opfer sind, erweitert um den Blick auf die Täter zu beschreiten. Jürgen Müller-Hohagen beschreibt aus Therapeutenperspektive das für sich als einen notwendigen Prozess, der „sich als eine weitere Lehranalyse bezeichnen lässt“.98 Bisher gibt es keine Landkarten für die theologisch notwendigen Umwege, aber den beachtenswerten Aufbruch, die notwendigen Räume der Reflexion zu schaffen, um dauerhaft von Bekenntnis zu Erkenntnis, wie Regina Ammicht-Quinn das ausdrückt99, zu gelangen. Für die Pastoralpsychologie werden hier ein genaueres zweites Lernen, etwa ein zweiter Prozess therapeutischer Selbsterkundung, sowie die Entwicklung von einem konkreten persönlichkeits-spezifischen zu einem konkreten familien-spezifischen Credo angeregt.100

5.3. Hermeneutische Erkundungen: Löcher und quasi-autistische Zonen 

„Jede Familie ist ein Archiv der Lebenden und der Toten, ein Archiv mit zugänglichen und unzugänglichen Kammern. … Viele der Millionen deutschen Familien, die auf die eine oder andere Art in das NS-System verstrickt waren, besitzen bis heute Archivkammern, deren Inhalte so unaussprechlich vom Menschlichen entfremdet, so belastend und verstörend sind, dass das Brechen des Schweigeverbots existentiell bedrohlich wirken kann. … In sämtlichen Kohorten – angefangen von den Kindern, die zwischen Trümmern groß wurden bis zu den Enkeln eben dieser Generation – gibt es inzwischen Individuen, die Material aus den versperrten Räumen der Familienarchive ans Licht holen wollen.“101

Die Trauer gerät in eine neue Phase. Die Arbeit an einer so kontextualisierten Fähigkeit zu trauern ist eine Herausforderung, die insbesondere auch für die deutschsprachige Pastoralpsychologie zu den aktuell drängendsten gehört.102 Sich dem zu stellen, bedeutet unter anderem für uns, sich über die Leeren der Nachgeborenen mit all dem Sprach-losen, Tränen-losen, Trost-losen, Bild-losen und Herz-losen überhaupt erst einmal verständigen zu lernen. Es geht um etwas, was mit „Leeren“, „Leerstellen“ „… und viele andere Folgen“103 bisher nur unzureichend beschrieben ist. Wir wissen aber: „Die Hoffnung hat ihr Soll nicht erfüllt / … Über mächtige Brücken führen die Straßen ins Leere“.104 Es geht um Schritte, wie wir Nachkommen im Land der Täter das Arbeiten in dem von Hinterlassenschaften geprägten interpersonellen Zwischenraum aufnehmen können, in dem komplexen Raum zwischen Nicht-Reden-, Nicht-Hören- und Nicht-Sehen-Können.

Dabei ist eine Trauerarbeit gemeint, die die abjektale Tiefenschicht des Subjekts105, die sich in unseren Objektbeziehungen gerade nicht repräsentiert findet, einbezieht. Nicht-Einfühlbarkeiten, Sprachausfall, verrückte Fassungslosigkeiten106 oder totalitäre Distanzlosigkeit sind im individuellen und kollektiven Erleben einige der Nachwirkungen gemeinschaftlich begangener Gräueltaten. „Das innere gute Objekt verstummt als empathischer Vermittler zwischen Selbst und Umwelt … Es entsteht eine tote, quasi autistische Zone eines Nicht-Selbst ohne das Vorhandensein eines einfühlungsfähigen Anderen.“107 Wie kann ich verstehen, wo nur nichts zu verstehen ist?! Die einzig letztlich wirklich interessante hermeneutische Frage heute scheint die Grenzfrage zu sein, wie kann ich verstehen wollen, was ich nicht verstehen kann.108 „Viele berichteten von einem ‚schwarzen Loch‘ in ihrer Seele, dem sie sich nicht zu nähern wagten, da sie dann in einen Abgrund zu stürzen drohten. Es war ein Schatten der Vernichtung, der ihr Leben durchzog.“109 In einer ständigen paradoxen Bewegung von Verstehen wollen/können und Nicht-Verstehen können/dürfen scheint es möglich, das Nicht-Wissen-Können, das Nicht-Wissen-Dürfen und das Nicht-Wissen-Wollen zu umkreisen und deren Entschuldungsverkleidungen immer wieder neu ein Stück weit zu unterlaufen.110 Für das Sehen und für das Hören gilt das analog. „In diese Hölle will ich nicht“!111 Das will im individuellen Erleben und im gemeinsamen Arbeiten erst einmal zugelassen und (aus-)gehalten werden. Wir haben kaum damit begonnen.

5.4. Hermeneutische Erkundungen: Heimfall und Fremdprophetie

Es ist beobachtet worden: „Seit ‚Auschwitz‘ ist ein wichtiges traditionelles Konzept der klassischen Psychoanalyse, wonach die Realität von der Phantasie überboten wird, nicht mehr gültig; seither gilt, dass die Wirklichkeit häufig schlimmer ist als die wüstesten unbewussten Phantasien.“112 Ebenso hat das mysterium tremendum, wie man die dunkle Seite des Heiligen genannt hat, eine veränderte Gestalt bekommen. Paul Ricoeur spricht von einem tremendum horrendum: „Das Grauen ist eine auf den Kopf gestellte Verehrung. In dieser Bedeutung erscheint der Holocaust als negative Offenbarung, als Anti-Sinai.“113 Für NS-Nachgeborene kann das so aussehen:

„In meinem Kopf bildet sich der furchtbare Satz: Vor Auschwitz sind alle Menschen gleich, nicht mehr vor Gott, sondern vor Auschwitz. Und wenn ich die ganze Dimension dieses Satzes erfasse, dann sitze ich nur noch zitternd am Schreibtisch… Ich habe mir so sehr gewünscht, dass ich verrückt bin, verstehen Sie das? Genauso verzweifelt, wie ich mir gewünscht habe, normal zu sein. Sie haben in gewisser Weise eine Illusion in mir zerstört, und ich habe wieder das Gefühl, in der Mitte durchzureißen. Wenn das stimmt, was ich sehe, dann ist die Welt in Auschwitz untergegangen, und wir tradieren den Untergang, wenn es nicht stimmt, leide ich an einer Wahrnehmungsstörung, die nicht erklärbar und nicht teilbar ist und gebe mir besser den Gnadenschuss. Wenn ich frei wählen dürfte, ich würde die zweite Möglichkeit bevorzugen, aber ich weiß, dass sie nicht zutrifft.“114

Dies Erleben hat Auswirkungen auch auf die letzte Instanz und auf die Hoffnung auf ein Gericht. Primo Levi spricht in seinen Reflexionen von einer impotentia judicandi und unterstreicht deren veränderte Bedeutung.115 Nicht nur haben sich, wie so vieles, das Richten und die Vorstellungen vom Gericht durch den Zivilisationsbruch sichtbar und unsichtbar verändert, auch die Grenzen des Richtens und die (Un-)Möglichkeiten des Rechtsprechens sind ‚nach Auschwitz‘ verändert. Und all diese Veränderungen betreffen eben auch die Vorstellungen von einem Jüngsten Gericht, von der letzten Gerechtigkeit Gottes angesichts der Komplexität der Gräueltaten und ihrer Nachwirkungen.116

In Tillichs Wahrnehmung ist der Tod zurückgekehrt mit mittelalterlicher Wucht und in biblischen Ausmaßen. Er notierte in seinen Predigten: „Unsere Zeit ist eine Zeit des Wartens. Warten ist ihr Auftrag.“117 „Schlussendlich ist die Antwort darauf, wer Gott abwesend macht, Gott selbst!“118 Und der Lyriker Tadeusz Ró?ewicz, früher polnischer Partisan, schreibt:

„Bonhoeffer traf ich in Wroc?aw

beginne von vorne sagte er mir

lerne noch einmal

laufen

schreiben lesen

denken

man muß akzeptieren

daß Gott diese Welt verlassen hat

er ist nicht gestorben!

man muß akzeptieren

daß man erwachsen ist

daß man leben muß

ohne Vater“119

Aus solchen Einschätzungen folgt die Aufforderung zu ernsthafter theologischer und pastoralpsychologischer Arbeit, nicht womöglich die Aufforderung, sie auszusetzen. „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott der ferne ist?” (Jer. 23,23)120 Diese bekannte Aussage, an die aber sich die Pastoralpsychologie eher nur flüchtig erinnert121, wird in Zukunft wieder122 mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit pastoralpsychologischer Arbeit treten müssen123. Dabei wird mit dem Verschwinden eines wesentlichen Grundbegriffs menschlicher Selbstauslegung sorgfältig umzugehen sein. Das Phänomen hat Jean-Luc Marion als „Heimfall“124 charakterisiert. Damit ist das Rückübertragen eines begrifflichen Eigentums im Erbfall gemeint – an das Verdrängte, das Ungesagte und das Unsagbare. Marions Hinweis, macht auf die geschichtlich bedingte, generationenübergreifende Konstruktion des Verschwindens Gottes, auf dessen Qualität als Erbfall in der zeitgenössischen begrifflichen Erfahrung aufmerksam. Solange wir nicht wissen (können), was wir meinen, hilft es nicht wirklich weiter, historische Erkundungen oder literarische Evokationen zu vermehren. Was das für die Spiritualität einer Pastoralpsychologie im Land der Täter bedeutet, ist kaum zu erkennen.

So stellt sich auch die Frage nach einer Spiritualität für eine Pastoralpsychologie nach Auschwitz. Ich selbst orientiere mich diesbezüglich u.a. mit folgenden Überlegungen: „(D)ie Erinnerung an das unermessliche Leid ist eine Religion ohne Mythos.“125 Dass Religion auch nicht religiös auftritt, wird leicht ignoriert. „Das, so möchte ich vorschlagen, ist nichts Neues – aber es wird gewohnheitsmäßig vergessen.“126 Religion nämlich, die nicht als solche wahrgenommen wird, weil sie nicht ‚religiös‘ auftritt, wird in der Regel, und zwar gerade auch von den einschlägigen Professionellen selber, übersehen.127

Der Schatten der Abwesenheit bleibt überwältigend. Das erinnert an das –K (minus K) bei Wilfred Bion: Es „bezeichnet eine aktive Beziehung zwischen zwei Personen oder zwischen einer Person und einer Sache des Nichtwissen- und Nichtkennenlernenwollens (K = knowledge = Wissen), wobei das Nichtwissen bewusst oder unbewusst beabsichtigt ist, weil Wissen auch emotional Frustration und Enttäuschung hervorrufen kann“ .128 In seiner faszinierenden Studie zum Buch Hiob beschreibt Moshe Halevi Spero, selbst israelischer Psychoanalytiker und Professor für Sozialarbeit, einen auch für die Pastoralpsychologie relevanten Weg: Die gespiegelte Verbindung von Abwesenheit und Sehnsucht auf der Seite Gottes und auf der Seite der Menschen als Ort möglichen Trostes.129

„[D]as theologische Denken im Angesicht der Opfer auf die theologische Konfrontation mit dem Erbe der Täter und der Täterschaft zu erweitern[,] …setzt die grundsätzliche Disposition voraus, im ‚Eigenen’ das bedrohlich Andere zu suchen, statt das Bedrohliche abzuspalten, zu projizieren und zu marginalisieren.[…] Dazu bedarf es“, wie Björn Krondorfer zusammenfasst, „eines analytischen Verstehens der diskursiven Funktion von Opfer- und Unschuldsmentalitäten, der Rolle von Zeugenschaft sowie der Dynamik intergenerationeller Tradierungsprozesse.“130Dan Bar-On hat zusätzlich dafür plädiert, die Täter- und die Opferseite in der eigenen Identität miteinander ‚ins Gespräch‘ zu bringen.131 Das ist schwer und geht vielleicht leichter in der Gruppe: „Es geht um die Frage, wie ich diese inneren Teile besitzen kann, ohne von ihnen zerrissen zu werden und ohne sie zu verleugnen.“132 „Die aus der Umkehr geborene Einsicht aber würde den Trug des Spiegelbilds aufheben, sie würde mich erkennen lassen, dass ich mir selber in meinem Bruder gegenüberstehe“.133 Gleichzeitig ist damit dem eigenen Druck bzw. der Unterstellung von dritter Seite ein Stück weit entzaubernd begegnet, das Erbe der Täter mache gleichsam automatisch den Nachkommen ebenfalls zu einem Täter bzw. zum Opfer der eigenen Täterhaftigkeit: „Ich fühle mich so, als sei ich stigmatisiert. Ich hätte sehr, sehr Angst, dass sie in mir eine Art Ableger von etwas Bösem sehen.“134 Damit lässt sich letztlich für die Pastoralpsychologie die zentrale Bewegung beschreiben, will sie hermeneutische Kompetenz für sich reklamieren und entwickeln. In seiner Hermeneutik sucht Paul Ricoeur im Anschluss an Sigmund Freud „den Anderen in mir selbst zum Ausdruck zu bringen”, und spricht dafür unter Berufung auf Platon von „Bastard-Denken“.135 Zu dem bedrohlich Anderen jedoch gehören die Toten, die im Anderen vergraben sind.136 Dies benennt nun die eigentliche, die hermeneutische Fremdprophetie, die häufig übergangen und für die hier plädiert wird.

‚Fremdprophetie‘ ist im Übrigen eine Bewegung aus dem Zentrum der Religion heraus. Sie wird für gewöhnlich von Propheten und Schriftgelehrten vertreten, also von eigenen religiösen Spezialisten, die in ‚fremdem‘ Agieren (neuen) Sinn für das Eigene erkennen. Es ist das genaue Gegenteil einer ungläubigen Übernahme von ‚Fremdgestricktem’, wie in der Regel abwehrend und abwertend behauptet wird! Die Propheten des Alten Israel etwa erkannten im feindlichen Handeln der ihren Staat umgebenden Großmächte sinnvolle, in göttlicher Fügung geschehene Aktionen letztlich mit Nutzen für das Eigene: „Denn der Herr wird sich aufmachen…, dass er sein Werk vollbringe, aber fremd ist sein Werk, und dass er seine Tat tue, aber seltsam ist seine Tat!“ (Jes. 28,21) Viele dieser Propheten wurden daher als ausländische Agenten wahrgenommen!137 Und zur Erinnerung: Martin Luther unterschied gerne zwischen „eigenem Leben“ (vita domestica) und „fremdem Leben“ (vita aliena); die Heiligkeit der Welt ist ihr nicht ‚zugehörig’ (domestic), sondern ‚fremd’ (alien), gehört zu ihr allein durch die Gnade Gottes.138

6. „Als wär’s ein Stück von mir“139: Christentum und Nationalsozialismus

Christentum und Nationalsozialismus haben sich mit der intimen Verbindung, die sie miteinander eingegangen sind, der kritischen Aufklärung bis heute weitgehend entziehen können.140 Das gilt auch noch für viele wichtige kritische Aufarbeitungen. Nicht nur Feigheit141 und Irrtum142 haben im Religiösen der Mehrheitsreligion in Deutschland Bestürzung erregende Rollen gespielt. Es geht aber nicht nur um Versagen, in moralischer und/oder in ideologischer Hinsicht. Das Irre der Verbindung ist auch Teil der Wahrheit des Christentums. Eben als wär’s ein Stück von mir! Es war schlimmer; es war normaler; es war christlicher.143 Das konkrete Ausmaß dieser Nachwirkungen ist weitgehend unbekannt geblieben: So lässt sich beispielsweise beobachten, dass die Verleugnung der Nazivergangenheit und die Verleugnung einer irgendwie christlichen oder konkret kirchlichen Vergangenheit miteinander subtil verbunden sind.144Das im internationalen Vergleich für Deutschland oft hervorgehobene Ausmaß an Säkularität erhält auf diesem Hintergrund ein sehr spezielles Profil!

Reinhold Niebuhr hat den „modernen religiösen Nationalismus“ als Beispiel für kollektive Selbstidealisierung analysiert, die aus christlicher Perspektive das Wesen der Sünde ausmacht.145 „Kollektiver Stolz ist daher der letzte und in mancher Hinsicht jämmerlichste Versuch des Menschen, die bestimmte und begrenzte Eigenschaft seiner Existenz zu leugnen.“146 Und Niebuhr führt aus: „Das überschießende Ausmaß des modernen Nationalismus selbst muss zum Teil als Reaktion auf die Wahrheit des Christentums verstanden werden, nicht nur als ein Irrweg der Kirche. Nur unter den Bedingungen einer christlichen Kultur, wenn auch in einer dekadenten Form, kann ein kollektiver Egoismus derartige verzweifelte Ausmaße annehmen. Die bewusste Missachtung bekannter Gesetze ist als ein Akt der Verzweiflung zu verstehen.“147 Der moderne Faschismus sei so besonders gefährlich, weil er innerhalb und gegen die christliche Kultur agiert.148 Für andere religiöse Kulturen dürfte ähnliches gelten. Besonders plastisch und beklemmend lässt sich Niebuhrs Analyse an den Katechesen, also den religiösen Lehrstücken aufzeigen, die Johanna Harrer in Mutter, erzähl von Adolf Hitler! Ein Buch zum Vorlesen, Nacherzählen und Selbstlesen für kleinere und größere Kinder (1943) aufgeboten hat.149 Es gibt viele andere Beispiele.150 Es geht also nicht nur – wie oft gedacht und was schon grässlich genug ist – um die vielfältigen Gestalten des christlichen Antisemitismus und Antikommunismus und entsprechende (Un-)Schulddiskurse. Die weitergehende kritische theologische Einschätzung Reinhold Niebuhrs zur Verbindung von Christentum und Nationalsozialismus ist nicht rezipiert worden. Seine Warnungen bereits seit Anfang der 1920er Jahre, auch direkt an deutsche Adressen, konnten hier nicht gehört werden. Ja man muss vermuten, dass auch die wahn- bzw. zwanghaften Züge, mit denen im deutschsprachigen Raum bis in die Gegenwart hinein seine Autorenschaft des 1943 „auf dem Höhepunkt des Krieges gegen Deutschland“151 entstandenen Gelassenheitsgebets geleugnet wird, mit dem hier skizzierten Komplex zu tun haben.

Die groteske Art und das abgründige Ausmaß der religiösen Verzweiflung und Sehnsucht, die sich in der Verbindung von Christentum und Nationalsozialismus Ausdruck gebahnt haben, sind kaum mit der notwendigen Genauigkeit beachtet und untersucht worden. Es geht um das psychologische Schicksal religiöser Werte im Alltag bis hin zu Varianten wahnhafter Gestaltung.152 „Was ist der Unterschied zwischen Christus und Hitler? Bei Christus starb einer für alle.“153 Der Anfang des 23. Psalms in der Umdeutung meines Vaters hieß tatsächlich: „Der Herr ist mein Hirte, mir ist nicht bange.“ Wie bei auctoritas (Authorität) ist bei religio (Religion) bei uns grundsätzlich von bestehenden Nachwirkungen auf einem unaufgelösten Nazihintergrund auszugehen.154 All das hat das Überleben und einen (jeden) Neuanfang geprägt und behindert. Dieser religiöse Aspekt der Schuld blieb unbegriffen; er haftet an allen Überlebenden. Die verdrehte Rechristianisierungs-Ideologie der Kirchen155 verdeckt das Wissen um die eigene Vergangenheit. Man wird dies als kollektive Form „enteigneter Trauer“156 verstehen müssen. Wolfgang Koeppen hat sie treffend als „die Schuld der Heilsüberlebung“157 bezeichnen können. Als Teil der bekannten Erinnerungspathologien ist sie ein verdeckter Aspekt der „Unfähigkeit zu trauern“158, der zu ergänzen ist. Es scheint nämlich, als gäbe es kollektiv auf Seiten der ehemaligen Volksgenossen und ihrer Nachkommen eine spezifische Unfähigkeit zu glauben – eine Unfähigkeit zu glauben, dass es Glauben nach dem Tod des Führers, nach dem Ende des nationalsozialistischen Projekts, überhaupt (noch) geben könnte.159 Das ist eine Art negativer Kadavergehorsam; und er ist auch noch jenseits aller Zweifel und/oder religiösen Bindungen anzutreffen. Er gehört zu unserem Schulderbe: „Sollte uns der Sprung in die große Macht nicht gelingen, dann wollen wir unseren Nachfolgern wenigstens eine Erbschaft hinterlassen, an der sie selbst zugrundegehen sollen.“160 Von daher ist es nicht überraschend, dass uns auf Seiten der Kirche, und seltsamerweise gerade auf evangelischer Seite, in vielfältigen Formen seit Jahrzehnten meist nur das Neuerfinden von ‚Werkgerechtigkeit‘ einzufallen scheint. Längst ist dies besonders aus Sicht des ökumenischen Auslands an uns beobachtet worden.

Das Skizzierte kann durch theologische Analysen von Helmut Richard Niebuhr, dem jüngeren der beiden Niebuhr-Brüder, noch ergänzt werden: „Länder, die mit einem politischen Gegner konfrontiert sind, dem sie zutiefst misstrauen, zeigen nicht nur aggressive imperialistische Aktionen und ein Handeln, das auf Beschwichtigung aus ist, sondern auch die Flucht ins Vergessen.“161 Das nehme Formen der De-Realisation und der De-Personalisation an, wie sie aus psychiatrischen Behandlungen bekannt sind. Im religiösen Bereich sei diese wahnhafte Verarbeitung sehr verbreitet. Eine dieser Formen der natürlichen Religion des Misstrauens, wie H.R. Niebuhr das bezeichnet162, ist jene der Isolation und des Vergessens. Andere ihrer Formen sind die „natürliche Religion der Angst“ und die „natürliche Religion des Trotzes“163. Alle werden von H.R. Niebuhr als Formen mangelnden Glaubens bzw. als Formen des Misstrauens gedeutet. Im Kern geht es dabei mit Kierkegaard gesprochen um Formen der Verzweiflung – von Verzweiflung aber, die in dem besonderen Falle des Fliehens und des Vergessens sich dieser Verzweiflung tragischer weise selber nicht bewusst wird.

7. Vernunft und geistige Werte

Leo Alexander unterstrich in seinem psychiatrischen Gutachten für die Nürnberger Prozesse, dass der Nationalsozialismus neben den Zielen absoluter Unterwerfung und Völkermord besonders den intensiven Hass auf geistige und intellektuelle Werte kultivierte und beförderte.164 Von den verheerenden Auswirkungen dieses Hasses, der als solcher ebenfalls nicht neu war, aber hier auf die extreme, vernichtende Spitze getrieben wurde, haben wir uns längst nicht erholt, schon gar nicht auf Seiten der Tätergesellschaft und in den hier nachfolgenden Generationen. So scheint auf persönlicher Ebene das extreme Auseinandertreten des Emotionalen und des Kosmopolitischen, und die Verwirrung darüber, auf welcher Ebene man sich bewegt, mit zu den psychologischen Folgen zu gehören, die Täterkinder an sich entdecken können.165 Entsprechend hat das Besonderheitsbewusstsein der Kirchen nach wie vor große Mühen zu akzeptieren, dass auch die Welt der Kirche zum Christus werden kann, dass das also nicht nur umgekehrt möglich ist.166 Das Fortwirken tribalistischer Horizontverengungen aber ist allgemein und allenthalben greifbar167, natürlich nicht nur in Kirche und Pastoralpsychologie. Uns fehlt weitgehend das Kosmopolitische, eine Weite, die es dennoch gab. Hier wird sich das Spektrum unseres Arbeitens als deutsche Pastoralpsychologinnen und Pastoralpsychologen deutlich erweitern und konsolidieren müssen.168

Aus pastoralpsychologischer Perspektive verrät die Theologie169 ihre Aufgabe, so kann gesagt werden, wenn sie die Ambiguitätstoleranz in den Letztbegründungen behindert oder beschädigt. Aber gerade theologische Begriffsbildung und kirchliche Praxis neigen immer wieder dazu.170 Bei aller Betonung von Ambivalenz in der Pastoralpsychologie171ist trotzdem häufig ein In-sich-Zusammenfallen der Ambiguitätsspannung in den Letztbegründungen zu beobachten. Dieser Zusammenbruch jedoch ist eine wesentliche Wurzel für den immer wieder aufbrechenden triumphalistischen Irrsinn des theologischen Antisemitismus.

Ein weiteres Beispiel des Verlusts kritischer kultureller Werte hat Gerd Theißen an der Ricoeur-Rezeption in der deutschsprachigen Theologie beschrieben.172 Ihr kommt, je nach theologischer Generation aber in unterschiedener Weise, immer wieder „der hermeneutische Konflikt“ abhanden. Stattdessen wird trotz aller konkreter Hermeneutiken des Verdachts, oft im Anschluss an Hans-Georg Gadamer, lieber eine bewahrende Hermeneutik bevorzugt. Dass es der Pastoralpsychologie, deren hermeneutische Kompetenz herauszustellen ist, tatsächlich um eine kritischehermeneutische Kompetenz geht, findet in ihren deutschsprachigen Fassungen noch viel zu wenig Beachtung.173

8. Spiritualität und Lüge

„Heutzutage darf man damit rechnen, in jeder christlichen, buddhistischen oder hinduistischen Predigt mystische Glaubenshaltungen aus Gründen angepriesen und empfohlen zu bekommen, bei denen sich jedem, der nicht unter Drogen oder Hypnose steht, die Nackenhaare aufstellen müssten.“174 Mit Gregory Bateson kann man da der Meinung sein: „Die Einführung des Übernatürlichen in das Erklärungsschema zerstört allen Glauben und allen Unglauben und lässt nur einen Geisteszustand zurück, total hin und weg, was aber manche angenehm finden.“175 Bei uns hat das allerdings eine besondere Geschichte.

„1933 erschien ein Heft von Otto Dibelius: Das Wiedererwachen des Glaubens in der Gegenwart, in dem er – wahrscheinlich richtig – feststellen zu können meinte: ‚Überall ist Wille (!) zum Glauben’ (S. 42), und dies erfreutfeststellte. Darin eingeschlossen war der Nationalsozialismus. Dessen ‚Ziel eines neuen, starken Volkstums ist nicht von dem scharf berechnenden Verstand eines Juden erdacht (gemeint war: wie der Marxismus). Es stammt aus Gefühl, Instinkt, aus Regungen des Blutes. Es wird mit der Seele, nicht mit dem Verstand ergriffen.’ Bei so viel Wirrnis konnte natürlich kein Argument und keine Realität mehr zählen. Dibelius nivellierte nicht die Eigenart des christlichen Glaubens, aber Glauben überhaupt, wie es auch sei, war ihm allemal wichtiger als der Verstand. ‚In Tagen erwachenden Glaubens leben zu dürfen, ist Gnade.’ (43) Man kann das auch anders sehen: Wenn die Vernunft schläft, gebiert sie Ungeheuer.“176

Diese Gläubigkeit des späteren Bischofs ist ohne Abstriche ein Beispiel für gefährlichen Irrsinn. Und dieser ist wohlauf. In seinen Reflexionen bemerkte Primo Levi: „Das Lager ist für mich … das bedrohlichste der Ungeheuer, die der Schlaf der Vernunft gebiert.“177

Reinhold Niebuhr schon hatte vehement die verkürzte Eigenwahrnehmung der theologischen Aufgabe kritisiert, mit der das hier angezeigte Problem zu tun hat.178 Die Theologie wollte in Tradition und Gegenwart immer wieder selbst nicht wissen, dass die Bewältigung von Endlichkeit nur einen Teil ihrer Aufgabe und ihres Anspruchs darstellt. Die auf Endlichkeit beschränkte Wahrnehmung verführt, so Reinhold Niebuhr, den christlichen Glauben zwingend zu der sich selbst reduzierenden Behauptung von ‚Spiritualität‘ angesichts der Bedrohung durch Sterben und Tod! Nicht allein derTod aber, sondern dieser in Verbindung mit der Sünde – der Verkehrung des Herzens – ist das Problem des christlichen Glaubens. Der Mensch transzendiert, so R. Niebuhr, aufgrund seiner spirituellen Natur die zeitlichen und die natürlichen Abläufe, in denen er involviert ist, und er transzendiert ebenfalls sich selbst.179 Die Dynamik der menschlichen Ungesichertheit, die den Menschen als solchen charakterisiert, ist doppelt verbunden: Die Endlichkeitselbst wie auch die Unehrlichkeit, mit der diese verborgen wird, werden zusammen verleugnet.180 Selbstübersteigerung und Lüge sind daher besonders innig verwoben.181 ‚Falsche Ewigkeiten’ werden konstruiert. Der eitle Wahn, der Formen der Sünde sichtbar kennzeichnen kann, gehört hierher. Mit seinem ‚christlichen Realismus‘ macht Reinhold Niebuhr darauf aufmerksam, dass wir nicht nur sterblich bzw. endlich sind, sondern eben dabei auch noch lügen. Immer wieder führen wir uns selbst und einander hinters Licht. Dies findet besonders in Bezug auf Spiritualität bei unkritischer bzw. unvernünftiger Vorgehensweise lebhaften Ausdruck.

Es ist daher pastoralpsychologisch hilfreich und dringend geboten, sich den philosophischen Kern christlicher theologischer Anthropologie klar vor Augen zu führen.182 Dann ist davon auszugehen, dass sowohl auf Seiten der Natur (Instinktualität) wie auf Seiten des Geistes (Kognition) Form und Vitalität erkannt wird. Es gibt sie nicht die bloße ‚nackte’ natürliche Natur oder den bloßen ‚reinen’ geistigen Geist. Beides sind Fiktionen. Außerdem, und das ist das damit eng verbundene Zweite der christlichen Tradition (vgl. ‚Erbsünden’-Lehre), ist nichts davon, auf keiner Seite, unzweideutig zu haben. Spiritualität bringt nach diesem christlichen Verständnis ebenso Verkehrungen wie Ordnung und Kreativität hervor. Spiritualität gibt es auf Seiten der Natur ebenso wie auf Seiten des Geistes – und sie ist ambivalent. Geist wird dabei verstanden als Energie für Selbsttranszendenz, Selbstobjektivierung und Freiheit. Spiritualität ist kein nettes positives Extra, kein neues oder altes donum super additum, das zusätzlich wesentlich zu machen ist. Das ist ein ebenso bekannter wie verbreiteter sentimentaler Kurzschluss.183 Übrigens ist die Vorstellung bzw. die Hoffnung auf gleichsam Geist-freie Zonen die Kehrseite derselben Medaille und ebenso irreführend.184

Die modernen Dynamiken des organisierten Lügens stellen eine noch unabsehbare Herausforderung für die pastoralpsychologische Theorie und Praxis dar. Wenn Paul Tillich Ende und Lüge als Kennzeichen unserer Zeit miteinander verbindet, Reinhold Niebuhr Endlichkeit und Unehrlichkeit als in gemeinsamer Verleugnung selbstverständlich verbunden analysiert, Hannah Arendt die neuen Gestalten organisierten Lügens als unser aller Wirklichkeit bis ins Letzte prägend beschreibt185, verschlägt es einem, selbst wenn man sich an Psalm 12, 1ff. und an Hamlet186 erinnert, erst einmal die Sprache. Das organisierte Lügen beispielsweise in der Politik hat durch die schicksalhafte Beendigung des zweiten Weltkriegs mit einem Kriegsverbrechen (Hiroshima/ Nagasaki) eine Dynamisierung erfahren, die in seinen Konsequenzen für die politische Kultur bisher nur in Ansätzen wahrgenommen werden kann.187 Für die Entwicklungen des organisierten Lügens in der Religion, ebenso wie in anderen Feldern gesellschaftlichen Lebens, wird man aufgrund vielfältigen Verstricktseins ähnliches zu konstatieren haben. Täuschung und Selbsttäuschung lassen sich nicht mehr trennen. „Nur durch Selbsttäuschung lässt sich ein Anschein von Wahrhaftigkeit erreichen“.188 „Sünde ist zurück, unter neuem Namen.“189 Die jüngsten Missbrauchs- und Abhörskandale sind nur Spitzen des Eisbergs. Pastoralpsychologie hat hier m.E. eine besondere Aufgabe und Verantwortung, da sie zu den Randbereichen organisierter Kirchlichkeit gehört, die noch in der Lage sind, das Selbstbild der Kirchen quasi von innen durch die unwillkommene Konfrontation mit Tatsachen und Erfahrungen, die nicht passen, in Frage zu stellen.190 „Konzeptionell gesprochen ist Wahrheit das, was wir nicht ändern können; metaphorisch ist sie der Boden, auf dem wir stehen, und der Himmel, der sich über uns ausbreitet.“191 Vielleicht entsteht die Spiritualität der Pastoralpsychologie doch eher aus dem „Feuer der Sprachen“192, wie Julia Kristeva das als eine Alternative zum Setzen auf ‚Hoffnung‘ bezeichnet hat. Das wäre doch ein Pfingstwunder! Und sie fügt hinzu: „Das genügt, um die Gläubigen, und das heißt entgegen der allgemeinen Meinung so gut wie jeden, zu ärgern.“

Ein vorläufiger Nachsatz

Emmanuel Lévinas notierte, was besonders im Land der Täter und ihrer Nachkommen schwer zu hören ist: „Die Kinder für die Fehler der Eltern zu strafen, ist weniger schrecklich, als zuzulassen, dass die Strafe ausbleibt, wenn ein Fremder Unrecht erleidet.“193

25.07.2014

Pfarrer Dr. theol. Thomas Beelitz

Münchener Str. 47, D-10779 Berlin

tbeelitz@gmx.de

1 Ralph Giordano, Der perfekte Mord: Die deutsche Justiz und die NS-Vergangenheit. Rede im Bundespresseamt am 10. Juni 2013 in Berlin, 22 S., 4 (online).

2 s. Christina Ullrich, „Ich fühl’ mich nicht als Mörder.“ Die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft (Klaus-Michael Mallmann, Hrsg., Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, Bd. 18), Darmstadt 2011.

3 s. H. Shmuel Erlich, Mira Erlich-Ginor, Hermann Beland, Gestillt mit Tränen – Vergiftet mit Milch. Die Nazareth-Gruppenkonferenzen. Deutsche und Israelis – Die Vergangenheit ist gegenwärtig, Gießen 2009; Dan Bar-On, Die Last des Schweigens. Gespräche mit Kindern von NS-Tätern, Erweiterte Neuausgabe, Hamburg 2004, 311.

4 vgl. Thomas Beelitz, Widerstände gegen eine Theologie der Befreiung bei uns. Umrisse einer Bearbeitung, in: Freundeskreis der Evangelischen Akademie (Hrsg.), Kommunität, Berlin 1989, 66 – 78.

5 Harald Welzer, Die Nachhaltigkeit historischer Erfahrungen. Eine sozialpsychologische Perspektive, in: Hartmut Radebold, Werner Bohleber & Jürgen Zinnecker (Hrsg.), Transgenerationale Weitergabe kriegsbelasteter Kindheiten. Interdisziplinäre Studien zur Nachhaltigkeit historischer Erfahrungen über vier Generationen (Studiengruppe Kinder des Weltkrieges am Kulturwissenschaftlichen Institut des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen [kwi-nrw], Hrsg., Kinder des Weltkrieges), 2. Aufl., Weinheim – München 2009, 75 – 93, 82.

6 Werner Bohleber, Die Gegenwart der Psychoanalyse: Zur Entwicklung ihrer Theorie und Behandlungstechnik nach 1945, in: Werner Bohleber & Sibylle Drews (Hrsg.), Die Gegenwart der Psychoanalyse – die Psychoanalyse der Gegenwart, Stuttgart 2001, 15 – 34, 30.

7 s. Jürgen Müller-Hohagen, Übermittlung von Täterhaftigkeit an die nachfolgenden Generationen, in: Radebold et al. (Hrsg.) 2009, 155 – 164, 163.

8 Norbert Reck, „…er verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation“ (Ex. 34,7) – Nationalsozialismus, Holocaust und Schuld in den Augen dreier katholischer Generationen, in: Björn Krondorfer, Katharina von Kellenbach & Norbert Reck, Mit Blick auf die Täter. Fragen an die deutsche Theologie nach 1945, Gütersloh 2006, 171 – 225, 221; vgl. Katharina von Kellenbach, The Mark of Cain: Guilt and Denial in the Post-War Lives of Nazi Perpetrators, Oxford – New York 2013.

9 Beispielhaft aus Dritt-Generationen-Perspektive: Moritz Pfeiffer, Mein Großvater im Krieg. Erinnerungen und Fakten im Vergleich (Dieter Riesenberger & Wolfram Wette, Hrsg., Schriftenreihe Geschichte & Frieden; Bd. 18), Bremen 2012; Moritz Pfeiffer ist Jahrgang 1982. Per Leo, Flut und Boden. Roman einer Familie, Klett-Cotta 2014; Per Leo, Historiker und SS-Enkel, ist Jahrgang 1972.

10 Katharina von Kellenbach, Theologische Rede von Schuld und Vergebung als Täterschutz, in: Katharina von Kellenbach, Björn Krondorfer & Norbert Reck (Hrsg.), Von Gott Reden im Land der Täter. Theologische Stimmen der dritten Generation seit der Shoah, Darmstadt 2001, 46 – 67, 63.

11 „Der Nebel ist die Affektsprache nicht anerkannter Schuld.“ (Wolfgang Winter, Bis ins dritte und vierte Glied? Schuld, Trauer, Vergebung als intergenerationales Thema der Kriegskinder des Zweiten Weltkriegs, in: Wege zum Menschen 65 [2013] 307 – 319, 312)

12 Ilany Kogan, Die Durchlässigkeit der Grenzen in Holocaust-Überlebenden und ihren Nachkommen, in: Radebold et al. (Hrsg.) 2009, 119 – 127, 120.

13 Anne-Lise Stern (Psychoanalytikerin in Paris, in Berlin geboren und Überlebende des Lagers Auschwitz), zit. Dorothee C. von Tippelskirch, „Liebe von fremd zu fremd …“ Menschlichkeit des Menschen und Göttlichkeit Gottes bei Emmanuel Lévinas und Karl Barth (Alber-Reihe Thesen; Bd. 22), Freiburg – München 2002, 23.

14 s. Harald Welzer, Sabine Moller & Karoline Tschuggnall, „Opa war kein Nazi“. Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis (Walter H. Pehle, Hrsg., Die Zeit des Nationalsozialismus. Eine Buchreihe), Frankfurt am Main 2002.

15 Sönke Neitzel & Harald Welzer, Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben, Frankfurt am Main 2011, 453 Anm. 322.

16 vgl. Thomas Beelitz, Pastoralpsychologisches Arbeiten im Land der Täter. Ein Zwischenbericht, in: Wege zum Menschen 65 (2013) 3 – 18.

17 Siegfried Lenz, Es trifft gewißlich zu, in: Wolfgang Erk (Hrsg.), Hoffnungstexte. Ermutigungen für jeden Tag des Jahres, Stuttgart 1985, 155. Manchmal werden die „Narben“ in diesem Gedicht unterdrückt (!), und man liest tatsächlich lieber „Narren“.

18 Paul Tillich, The New Being, New York 1955, 172.

19 s. Reck 2006, 198.

20 s. Tillich 1955, 171; vgl. Kees W. Bolle (Hrsg.), Ben’s Story. Holocaust Letters with Selections from the Dutch Underground Press, Carbondale – Edwardsville 2001, 1. Tillichs eigene Gedanken werden hier mit Hilfe der Aufzählung ‚Tod, Lüge und Verlust‘ verdichtet wiedergegeben.

21 Reck 2006, 221.

22 Hans-Joachim Iwand, Frieden mit dem Osten. Texte 1933 – 1959 (Gerard C. den Hertog, Klaus Geyer, Jürgen Seim & Dieter Schellong, Hrsg.), München 1988, 19f. Der Text ist ein Auszug aus einer unveröffentlichten Erwiderung Iwands auf Walter Künneth im Streit um das Darmstädter Wort 1947.

Vgl. die Kunstinstallation „Schalechet“ („Gefallenes Laub“) von Menashe Kadishman (www.jmberlin.de/via-lewandowsky-galerie-der-verschwundenen-dinge).

23 Björn Krondorfer, Nationalsozialismus und Holocaust in Autobiographien protestantischer Theologen, in: Björn Krondorfer et al. 2006, 23 – 170, 140.

24 vgl. Sammy Speier, Der ges(ch)ichtslose Psychoanalytiker – die ges(ch)ichtslose Psychoanalyse, in: Barbara Heimannsberg & Christian J. Schmidt (Hrsg.), Das kollektive Schweigen. Nationalsozialistische Vergangenheit und gebrochene Identität in der Psychotherapie, Erweiterte Neuausgabe, Köln 1992, 25 – 36, 29; Jürgen Müller-Hohagen, Verleugnet, verdrängt, verschwiegen. Seelische Nachwirkungen der NS-Zeit und Wege zu ihrer Überwindung, München 2005, 306f.

25 Jürgen Müller-Hohagen, Geschichte in uns. Seelische Auswirkungen bei den Nachkommen von NS-Tätern und Mitläufern, Berlin 2002, 182f; vgl. Torsten Hampel, : Das Fanal von Lichtenhagen, in: Der Tagesspiegel 22.08.2012.

26 zit. Wolf Thieme, Die Mordmaschine, in: Der Tagesspiegel 17.08.2012, 3.

27 Jürgen Habermas, Der Raum zwischen Nein und Ja. Eine Laudatio (Auszüge), in: Der Tagesspiegel 14.11.2010, 25f, 26.

28 Jan Philipp Reemtsma, zit: Müller-Hohagen 2002, 128.

29 Richard Picker, Psychotherapie und Nazivergangenheit – ein Versuch in konkreten Gestalten, in: Heimannsberg et al. (Hrsg.) 1992, 175 – 193, 185.

30 vgl. Léon Wurmser, Scham und der böse Blick. Verstehen der negativen therapeutischen Reaktion (Michael Ermann, Hrsg., Lindauer Beiträge zur Psychotherapie und Psychosomatik), Stuttgart 2011, 159.

31 Picker 1992, 177.

32 Dieter Schellong, Schuld und … Erwägungen zum Problem politischer Schuld, in: Evangelische Theologie 62 (2002) 236 – 251, 242; Schellong hat dabei konkret die Beteiligung an der jahrelangen verbrecherischen Belagerung Leningrads vor Augen.

33 vgl. Björn Krondorfer, Abschied von (familien-)biographischer Unschuld im Land der Täter – Zur Positionierung theologischer Diskurse nach der Shoah, in: von Kellenbach et al. (Hrsg.) 2001, 11 – 28; Jörn Rüsen, Holocaust-Erfahrung und deutsche Identität. Ideen zu einer Typologie der Generationen, in: Bohleber et al. (Hrsg.) 2001, 95 – 106.

34 Georg Taxacher, Fanal und Geschichte. Plädoyer für eine „Globalisierung” der Theologie nach Auschwitz, in: von Kellenbach et al. (Hrsg.) 2001, 68 – 94, 91.

35 s. Alain Robbe-Grillet, Der wiederkehrende Spiegel, Frankfurt am Main 1989, 12.

36 Nelly Sachs, Fahrt ins Staublose. Gedichte, Frankfurt am Main 1988; Nelly Sachs, Suche nach Lebenden – Die Gedichte der Nelly Sachs; Bd. 2 (Margaretha Holmqvist & Bengt Holmqvist, Hrsg.), Frankfurt am Main 1971.

37 s. Paul Ricoeur, Memory, History, Forgetting, Chicago 2004, 531.

38 Paul Ricoeur, Temps et récit, Tome 3: Le temps raconté, Édition du Seuil 1985, 340.

39 s. Franziska Henningsen, Psychoanalysen mit traumatisierten Patienten – Trennung, Krankheit, Gewalt, Stuttgart 2012, 243.

40 Primo Levi, Ist das ein Mensch? in: ders., Ist das ein Mensch? Die Atempause, München 2011, 7 – 219, 213.

41 Waltraud Silke Berendt, Nicht wahrhaben wollen und nicht wahrhaben können – Therapeutische Erfahrungen mit dem „Komplex“ Nationalsozialismus, in: Heimannsberg et al. (Hrsg.) 1992, 109 – 132, 131.

42 Dietrich Goldschmidt (Hrsg.), Leiden an der Unerlöstheit der Welt. Robert Raphael Geis 1906 – 1972: Briefe, Reden, Aufsätze, München 1984, 26; vgl. Müller-Hohagen 2002, 179.

43 s. Müller-Hohagen 2005, 257.

44 Müller-Hohagen 2002, 219.

45 s. Müller-Hohagen 2002, 221. – Auch Täter entwickeln posttraumatischen Belastungsstörungen (s. John R. Peteet, Francis G. Lu & William E. Narrow, Hrsg., Religious and Spiritual Issues in Psychiatric Diagnosis. A Research Agenda for DSM-V, Arlington 2011, 111); ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, das zu leugnen.

46 „Eine Mauer wurde von dem Täter errichtet, der einen Konflikt zwischen Überlebens- und moralischen Ansprüchen unterdrückte; die zweite Mauer wurde von den Therapeuten errichtet, um nicht von Emotionen überflutet zu werden, mit denen sie entweder selbst nicht umgehen konnten oder von denen sie meinten, dass sie nicht durchgearbeitet werden könnten.“ (Dan Bar-On, Die Täter des Holocaust und ihre Kinder – eine paradoxe Moralität, in: Heimannsberg et al., Hrsg., 1992, 279 – 293, 289; vgl. Bar-On 2004, 300)

47 vgl. Krondorfer 2006, 84f.

48 s. Traugott Koch, Die Volkskirche – meine Kirche. Eine Rede zu Pastorinnen und Pastoren, in: Pastoraltheologie 73 (1984) 170 – 183, 181 Anm. 26; vgl. Christoph Schneider-Harpprecht, Keine Angst vor Langeweile. Pastoralpsychologische Überlegungen zu einem kirchlichen Phänomen, in: Michael Klessmann & Klaus Winkler (Hrsg.), Spielarten der Seelsorge. Beiträge aus dem Seelsorgeinstitut an der Kirchlichen Hochschule Bethel, 1991, 144 – 163.

49 Jürgen Müller-Hohagen, Verleugnet, verdrängt, verschwiegen. Seelische Nachwirkungen der NS-Zeit (in den Kirchen), unveröffentlichtes Manuskript, 2010, 22 S., 17.

50 Speier 1992, 36.

51

 Krondorfer 2001, 15, vgl. 26.

52 s. Werner Bohleber, Erinnerung, Trauma und kollektives Gedächtnis – Der Kampf um die Erinnerung in der Psychoanalyse, in: Psyche – ZPsychoanal 61 (2007) 293 – 321, 316f; vgl. Martin Buber, Schuld und Schuldgefühle (1958), in: Arië Sborowitz (Hrsg.), Der leidende Mensch. Personale Psychotherapie in anthropologischer Sicht (Wege der Forschung; Bd. 10), Darmstadt 1979, 106 – 117, 113.

53 Krondorfer 2006, 23 – 170.

54 „Nachweislich haben fast alle SS-Divisionen Massenverbrechen begangen. Sie setzten mit dem Angriff auf Polen ein und dauerten bis in die letzten Tage des Nationalsozialismus an.“ (Martin Cüppers, Wegbereiter der Shoah. Die Waffen-SS, der Kommandostab Reichsführer-SS und die Judenvernichtung 1939 – 1945, 2. Auflage, Darmstadt 2011, 340) „Neben der Tötung von Gefangenen war die Partisanenbekämpfung der Rahmen, in dem deutsche Soldaten die meisten Kriegsverbrechen begingen.“ (Neitzel et al. 2011, 120)

55 vgl. Cüppers 2011, 271ff; Amos Oz, Eine Geschichte von Liebe und Finsternis. Roman, Frankfurt am Main 2004, 231.

56 Offiziell endete die Mitgliedschaft, wie alle Formen der offiziellen Zugehörigkeit zu NS-Organisationen, durch das Alliierte Kontrollratsgesetz No. 2 mit Wirkung vom 10. Oktober 1945 (s. Leo 2014, 305).

57 zit. Erlich et al. 2009, 187; vgl. Sigrid Chamberlain, Nationalsozialistinnen als Mütter, in: Heimannsberg et al. (Hrsg.) 1992, 267 – 278.

58 Wolf Ritscher, Familien der Opfer und Täter/Täterinnen des Nationalsozialismus: eine Drei-Generationen-Perspektive, in: Kontext 32 (2001) 108 – 129, 110.

59 Das Buch wurde „auch nach dem Krieg 1949ff. als bereinigter Ratgeber (ohne ‚deutsche‘ im Titel) verkauft und gelesen“ (Neitzel et al. 2011, 444 Anm. 165). Die letzte Auflage ging im Jahr 1987 (!) in den Druck, und bis heute ist das Werk in allen seinen Auflagen der meistverkaufte Erziehungsratgeber Deutschlands (s. http://www.eltern.de/kleinkind/erziehung/tyrannen.html?page).

60 Cüppers 2011, 353.

61 Otto-Ernst Duscheleit im persönlichen Gespräch mit dem Verfasser in Berlin im April 2011. 1943 war Duscheleit 17-jährig freiwillig zur Waffen-SS rekrutiert worden; er war SS-Unterscharführer.

62 Robert W.M. Kempner, Die SS im Kreuzverhör: Die Elite, die Europa in Scherben schlug, Hamburg 1987.

63 s. Jürgen Schreiber, Ein Maler aus Deutschland: Gerhard Richter. Das Drama einer Familie (2005), München – Zürich 2011, 179. Die ‚Ethik der Anständigkeit‘, Teil der NS- und besonders der SS-Moral, ist hierfür ein prägnantes Beispiel.

64 s. Martin Buber, Good and Evil. Two Interpretations, New York 1952, 10 (mit Verweis auf Psalm 12); vgl. Dietrich Bonhoeffer, Ethik als Gestaltung, in: ders., Ethik (Inge Tödt, Heinz Eduard Tödt, Ernst Feil & Clifford Green, Hrsg., DBW; Bd. 6), Gütersloh 1992, 62 – 90, 67 (zu Jak. 1,8 u. 4,8); Jorge Semprun, Schreiben oder Leben, Frankfurt am Main 1997, 342.

65 Im August 1946 bestätigt der Pfarrer im Evang.-Luth. Pfarramt Rosenheim, Vikariat Brannenburg, meinem Vater, dass, seit er ihm persönlich bekannt ist, „er auf dem Boden christlichen Glaubens steht“.

66 Levi 2011, 225.

67 In Österreich und Italien war das ‚erneute Taufen‘ von Nazi- und SS-Größen eine von katholischen Priestern geübte Praxis: erst dann half man ihnen, nach Südamerika zu entkommen (von Kellenbach 2013, 227 Anm. 38; vgl. 89).

68 vgl. von Kellenbach 2013, 27.

69 Wolfgang Koeppen, Der Tod in Rom. Roman (1954), Frankfurt am Main 1975, 151.

70 Claudia Card, The Atrocity Paradigm. A Theory of Evil, Oxford 2002, 118, zit. Katharina von Kellenbach, Schuld und Vergebung. Zur deutschen Praxis christlicher Versöhnung, in: Krondorfer et al. 2006, 227 – 313, 296.

71 Herta Müller, zit. Georg Dotzauer, Unbeugsam. Der Chinese Liao Yiwu erhält den Friedenspreis, in: Der Tagesspiegel 22.06.2012, 25.

72 Müller-Hohagen 2010, 9.

73 zit. Müller-Hohagen 2002, 170; vgl. Picker 1992, 180.

74 s. Carmen Berger-Zell, Abwesend und doch präsent. Wandlungen der Trauerkultur in Deutschland, Neukirchen-Vluyn 2013, 88.

75 s. Picker 1992, 180.

76 Renata Stih/ Frieder Schnock, Orte des Erinnerns. Ausgrenzung und Entrechtung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Berliner Juden 1933 bis 1945 – Places of Remembrance. Isolation and deprivation of rights, expulsion, deportation and murder of Berlin Jews in the years 1933 to 1945, Berlin 2002.

77 Helmut Bräutigam, Arbeiterstadt „Große Halle“, Begleitheft zur Ausstellung, Berlin 1997.

78 Die Heil- und Pflegeanstalt Wuhlgarten 1933–1945. Ein Ort bekennt sich zu seiner Vergangenheit (Wuhlgarten – Hilfsverein für psychisch Kranke e.V., Hg.), Berlin 2014.

79 vgl. Jürgen Müller-Hohagen, NS-Nachgeborene – was heißt hier Identität? in: Nea Weissberg & Jürgen Müller-Hohagen (Hrsg.), Identitäten nach der Shoah in Deutschland (vorläufiger Titel, erscheint 2015), 25 S., 15f.

80

 Taxacher 2001, 91.

81 Klaus Winkler, Das persönlichkeitsspezifische Credo, in: Wege zum Menschen 34 (1982) 159 – 163, 162.

82 vgl. Christof Gestrich, Christentum und Stellvertretung. Religionsphilosophische Untersuchungen zum Heilsverständnis und zur Grundlegung der Theologie, Tübingen 2001, 26f; Maria Grazia Riva, The Role of the „Transgenerational Unsaid“ – Historical, Social, Educational, Psychological in Life Histories, in: Pagine da pedagogia oggi (2013/2), 51 – 79, 61 (online).

83 vgl. Constantin Klein & Dirk Lehr, Religiöses Coping, in: Constantin Klein, Hendrik Berth & Friedrich Balck (Hrsg.), Gesundheit – Religion – Spiritualität. Konzepte, Befunde und Erklärungsansätze (Thomas Gerlinger, Petra Kolip, Oliver Razum & Doris Schaeffer, Hrsg., Gesundheitsforschung), Weinheim – München 2011, 333 – 359.

84 Alfred Hitchcock, Filmregisseur.

85 Hermann Beland, Kollektive Trauer. Wer oder was befreit ein Kollektiv zu seiner Trauer? in: ders.,Unaushaltbarkeit. Psychoanalytische Aufsätze II zu Theorie, Klinik und Gesellschaft, Gießen 2011, 449–468, 460f.

86 Friedrich Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft (Ivo Frenzel, Hrsg., Werke in 2 Bänden; Bd.1.), München 1967, # 348, 496.

87 s. Zinnecker 2008, 151.

88 Müller-Hohagen 2002, 76.

89 Müller-Hohagen 2015, 22.

90 Picker 1992, 191f; vgl. von Kellenbach 2013, 255 Anm. 4.

91 Matthias Neukirch über seine Mutter, in: Hans Schleif: “Eine Spurensuche”, Regie: Julian Klein, Berlin 2014.

92 Wolfgang Winter, Zur Religiosität der Kriegskinder des Zweiten Weltkriegs, in: Wege zum Menschen 64 (2012) 370 – 381, 379.

93 Norbert Reck, Der Blick auf die Täter – Zur Einführung, in: Krondorfer et al. 2006, 11 – 21, 18.

94 vgl. Wurmser 2011, 31; Liao Yiwu, Ein Lied und hundert Lieder. Ein Zeugenbericht aus chinesischen Gefängnissen, Frankfurt am Main 2011, 42 – 46.

95 Irene Wielpütz, Die Schwierigkeit, das Unsagbare zu sagen. Über die Nichtentstehung eines Artikels zum Thema: Nazivergangenheit in der Psychotherapie, in: Heimannsberg et al. (Hrsg.) 1992, 85 – 108, 89.

96 s. Tanja Hetzer, „Deutsche Stunde“ – Volksgemeinschaft und Antisemitismus in der politischen Theologie bei Paul Althaus (Ernst Piper, Hrsg., Beiträge zur Geschichtswissenschaft), München 2009, 16.

97 Für ein anderes Familienbeispiel s. Leo 2014, 253 – 288.

98 Müller-Hohagen 2008, 156.

99 zit. Reck 2006, 213; vgl. Bar-On 2004, 330f.

100 vgl. Christoph Morgenthaler, Systemische Seelsorge. Impulse der Familien- und Systemtherapie für die kirchliche Praxis, 5. vollständig überarbeitete Auflage, Stuttgart 2014, 95f.

101 Caroline Fetscher, Was wahr war, in: Der Tagesspiegel 19.05.2013, 7.

102 s. Peter Homans, The Ability to Mourn: Disillusionment and the Social Origins of Psychoanalysis, Chicago–London 1989.

103 s. Udo Baer & Gabriele Frick-Baer, Wie Traumata in die nächste Generation wirken: Untersuchungen, Erfahrungen, therapeutische Hilfen, Neukirchen-Vluyn 2010, 53ff.

104 Volker von TörneDeutscher Psalm, in: ders., Im Lande Vogelfrei. Gesammelte Gedichte, Berlin 1984, 198; vgl. Semprun 1997, 341ff.

105 s. Julia Kristeva, Die neuen Leiden der Seele (Hans-Jürgen Wirth, Hrsg., Bibliothek der Psychoanalyse), Gießen 2007.

106 s. Müller-Hohagen 2002, 220.

107 Bohleber 2007, 308.

108 vgl. Primo Levi, Anhang: Primo Levi antwortet auf Fragen seiner Leser, in: ders. 2011, 469 – 507, 501ff; Henri Parens, Renewal of Life: Healing from the Holocaust, Rockville 2004, 119, 181ff; Riva 2013, 74.

109 Isidor J. Kaminer, „Dunkelgold“ – Leben im Schatten der Schoah, Vortrag für IPAC Berlin 2007, 23 S., 20 (Kongress der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung „Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten in Psychoanalyse und Kultur heute“, Berlin 25. – 28. Juli 2007 – www.ipa.world).

110 vgl. Christian Stäblein, Predigen nach dem Holocaust. Das jüdische Gegenüber in der evangelischen Predigtlehre nach 1945 (Eberhard Hauschild & Jürgen Ziemer, Hrsg., Arbeiten zur Pastoralpsychologie; Bd. 44), Göttingen 2004, 85.

111 Henningsen 2012, 169ff.

112 Speier 1992, 26.

113 Ricoeur 1985, 341; vgl. Bolle 2001, 11.

114 zit. Müller-Hohagen 2002, 174; vgl. Müller-Hohagen 2005, 241f.

115 Primo Levi, Die Untergegangenen und die Geretteten, München – Wien 1990, 59.

116 vgl. Christof Gestrich, Rez. Fuchs, Ottmar: Das Jüngste Gericht. Hoffnung auf Gerechtigkeit (Regensburg 2007), in: ThLZ 133 (2008), 960 – 964; von Kellenbach 2013.

117 Paul Tillich, The Shaking of the Foundations, New York 1948, 151; vgl. Pierre Temkine u.a., Warten auf Godot. Das Absurde und die Geschichte (Denis Thouard & Tim Trzaskalik, Hrsg.), Berlin 2008; Taxacher 2001, 92.

118 Paul Tillich, The Eternal Now, New York 1963, 88; vgl. Dieter Schellong, Kirchliches Schuldbekenntnis. Gedanken Bonhoeffers und die Wirklichkeit des deutschen Nachkriegsprotestantismus, in: Ernst Feil (Hrsg.), Verspieltes Erbe? Dietrich Bonhoeffer und der deutsche Nachkriegsprotestantismus (IBF 2), München 1979, 28 – 57, 46.

119 Tadeusz Ró?ewicz, Laufen Lernen (Auszug), in: ders., Und sei’s auch nur im Traum. Gedichte 1998 – 2008, Passau 2012, 133 – 138, 134.

120 vgl. Hans-Joachim Iwand, Wider den Missbrauch des “pro me” als methodisches Prinzip in der Theologie, in: Evangelische Theologie 14 (1954) 120 – 125.

121 s. Klaus Winkler, Seelsorge (de Gruyter Lehrbuch), Berlin – New York 1997, 208.

122 s. Otto Haendler, Grundriss der Praktischen Theologie (Sammlung Töpelmann, Kurt Aland, Hrsg., Erste Reihe: Die Theologie im Abriß; Bd. 6), Berlin 1957, 372; Hans- Joachim Thilo, Beratende Seelsorge. Tiefenpsychologische Methodik dargestellt am Kasualgespräch, Göttingen 1971, 20ff.

123 vgl. Martin E. Marty, A Cry of Absence: Reflections for the Winter of the Heart, Eugene 1983. 

124 Jean-Luc Marion, The Erotic Phenomenon, Chicago – London 2007, 1; vgl. Bar-On 2004, 311. 

125 Detlev Claussen, Ein Moment aus lebendigen Gesprächen. Zu Liao Yiwu erzählten Erfahrungen, die von Mund zu Mund gehen, in: Liao Yiwu, Fräulein Hallo und der Bauernkaiser. Chinas Gesellschaft von unten, Frankfurt am Main 2009, 517 – 527, 524.

126 Kees W. Bolle, Religion, Globalization, and the University, in: Jennifer I.M. Reid (Hrsg.), Religion and Global Culture. New Terrain in the Study of Religion and the Work of Charles H. Long, Lanham – Oxford 2003, 27 – 37, 36.

127 s. Bolle 2003, 31; Jonathan Z. Smith, Relating Religion. Essays in the Study of Religion, Chicago – London 2004, 32.

128 Gertrud Hardtmann, Nachträglichkeit und das Trauma der Erinnerung. Vom Geist, der stets das Gute will und doch das Böse schafft: Die Walser Rede und -Debatte 1998, in: Bohleber et al. [Hrsg.] 2001, 139 – 153, 152.

129 Moshe Halevi Spero, The Hidden Subject of Job. Mirroring and the Anguish of Interminable Desire, in: Gerrit Glas, Moshe Halevi Spero, Peter J. Verhagen & Herman M. van Praag (Hrsg.), Hearing Visions and Seeing Voices. Psychological Aspects of Biblical Concepts and Personalities, Dordrecht 2007, 213 – 266.

130

 Krondorfer 2006, 136.

131 s. Bar-On 2004, 312.

132 Erlich et al. 2009, 176.

133 Hans-Joachim Iwand, Umkehr und Einsicht (1956), in: ders. 1988, 153 – 158, 156.

134 zit. Bar-On 2004, 264.

135 Paul Ricoeur, Freud and Philosophy: An Essay on Interpretation, New Haven – London 1970, 452/ d. 463.

136 s. Nicolas Abraham, zit. Samuel Gerson, When the Third is Dead. Memory, Mourning, and Witnessing in the Aftermath of the Holocaust, Vortrag für IPAC Berlin 2007, 23 S., 8 (www.ipa.world). 

137 s. Abraham Heschel, The Prophets, Bd. 2, New York 1971, 201ff. 

138 s. Schubert M. Ogden, The Understanding of Christian Faith, Eugene 2010, 154.

139 „Eine Kugel kam geflogen,/ Gilt’s mir oder gilt es dir?/ Ihn hat es weggerissen,/ Er liegt mir vor den Füßen,/ Als wär’s ein Stück von mir.“ Zweite Strophe aus dem Gedicht Der gute Kamerad (1809) von Ludwig Uhland; ebenfalls Titelzeile der Autobiographie von Carl Zuckmayer (1969).

140 vgl. Philipp Thull (Hrsg.), Christen im Dritten Reich, Darmstadt 2014.

141 „Nicht mutiger geglaubt…“ (Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland gegenüber den Vertretern des Ökumenischen Rates der Kirchen, Stuttgart, 18./19. Oktober 1945, in: Verordnungs- und Nachrichtenblatt der EKD, Nr. 1, Januar 1946).

142 „Wir sind in die Irre gegangen…“ (Wort des Bruderrats der Bekennenden Kirche, Darmstadt, 8. August 1948); vgl. Hirtenwort der katholischen Bischöfe vom 23. August 1945.

143 vgl. Uriel Tal, Christians and Jews in Germany. Religion, Politics, and Ideology in the Second Reich, 1870 – 1914, Ithaca – London 1975; Harald Welzer, Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden, 6. Aufl., Frankfurt am Main 2013.

144 s. Picker 1992, 186.

145 s. Reinhold Niebuhr, The Nature and Destiny of Man. A Christian Interpretation, Bd. 1: Human Nature (1941), New York 1964, 249.

146 R. Niebuhr 1964, 213.

147 R. Niebuhr 1964, 218. R. Niebuhr entwickelt diesen Gedanken im Anschluss an die paulinischen Perspektiven zur dialektischen Verbindung zwischen Gesetz und Sünde in Röm. 7,7f.

148 s. R. Niebuhr 1964, 219.

149 Sigrid Chamberlain, Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. Über zwei Erziehungsbücher (1997), Gießen 2010, 162ff.

150 s. Uwe Puschner, Deutschchristentum. Entstehung – Ideologie – Organisation, in: Thull (Hrsg.) 2014, 31 – 41.

151 Elisabeth Sifton, Das Gelassenheits-Gebet. Erinnerungen an Reinhold Niebuhr, München – Wien 2001, 8. Die Autorin ist Reinhold Niebuhrs Tochter. Niebuhrs Gebet wird in der Regel verstümmelt bzw. spirituell kastriert tradiert. Sein Text beginnt mit „Gott, gib uns die Gnade der Gelassenheit…“ (Hervorhebung: TB).

152 vgl. Kenneth I. Parament, Spiritually Integrated Psychotherapy. Understanding and Addressing the Sacred, New York – London 2007, 141.

153 Generalleutnant Friedrich Freiherr v. Broich (Juli 1943), zit. Neitzel et al. 2011, 286.

154 vgl. Müller-Hohagen 2010, 19; Martin Weimer, Supervisoren und Supervisanden in der spezifischen Felddynamik kirchlicher Organisationen. Skizze einer Figuration – Von der narzisstischen Symptomatik kirchlicher Supervision zur Anerkennung supervisorischer Interdependenz, in: Supervision 3 (2010) 15 – 24, 19f.

155 s. Ullrich 2011, 117.

156 vgl. Oyepeju Raji, Intellectual disability, in: Christopher C.H. Cook, Andrew Powell & Andrew Sims (Hrsg.), Spirituality and Psychiatry (RCPsych publications), London 2009, 122 – 138, 129; der englische Fachausdruck lautet disinherited grief oder auch disenfranchised grief

157 Koeppen 1975, 97.

158 s. Margarete Mitscherlich & Alexander Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens, München – Zürich 1977; vgl. Bohleber 2007, 315.

159 Statt der üblichen verbissenen (Fehl-)Übersetzungen, muss die Übersetzung von Exodus 20,5b lauten: „… denn ich, ICH-BIN-DA, deine Gottheit, hänge leidenschaftlich an dir. Ich gehe der Schuld der Vorfahren an ihren Kindern nach und noch an deren Kindern und Enkelkindern, wenn die mich ablehnen.“ (Bibel in gerechter Sprache z. St.) Vgl. Andreas Schmidt, Ein Gott, der heimsucht, oder ein Gott, der aufsucht? Kritische Betrachtungen zu den (leider noch) gängigen Übersetzungen von Exodus 20,5f und 34,6f, online: buber.de/christl/exodus20_5. – Deutlich wird ein bezogenes Verhalten beschrieben in einer schwierig gewordene Beziehung und daraus entstehende Anforderungen. Von distanzierender Bestrafung (Rückzug) bzw. sich rächender Heimsuchung (aggressive Überfälle) von Seiten Gottes ist in dem Text nicht die Rede. Vergleichbares gilt auch für das Kainszeichen (s. von Kellenbach 2013, 12ff).

160 Joseph Goebbels, letzter Tagebucheintrag, zit. A. Speer, Spandauer Tagebücher, Frankfurt am Main 1975, 105f (in: von Kellenbach 2001, 46).

161 H. Richard Niebuhr, Faith on Earth: An Inquiry into the Structure of Human Faith (Richard R. Niebuhr, Hrsg.), New Haven – London 1989, 76.

162 ebd., 73.

163 ebd., 75.

164 s. Leo Alexander, Sociopathologic Structure of the SS. Psychiatric Report of the Nurnberg Trials for War Crimes, in: Archives of Neurology and Psychiatry 69 (1948) 622 – 634, 627.

165 s. Bar-On 2004, 93; vgl. Mitscherlich et al. 1977, 368.

166 Wer das nicht glauben mag, der erinnere sich an den Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt 1970 bei seinem Besuch in Warschau (vgl. Magdalene L. Frettlöh, Vergebung oder „Vernarbung von Schuld“? Theologische und philosophische Notizen zu einer frag-würdigen Alternative im gesellschaftlichen Umgang mit Schuld, in: Evangelische Theologie 70 [2010] 116 – 129, 122ff).

167 „Wer den Mund aufmachte, fiel als Erster. Zurück blieb eine geduckte Masse. Ich hatte in Deutschland oft das Gefühl, dass man die Menschen in Chöre gesteckt hatte. … Vielleicht spielt auch die Nazizeit und das spätere Beschweigen dieser Zeit eine Rolle dabei.“ (Emine Sevgi Özdamar, „Gute Arbeit, zwei Freunde, dann kannst du überall leben“ [Interview], in: Der Tagesspiegel 30.10.2011, 3)

168 Zu anti-akademischen und anti-theoretischen Prägungen in der deutschsprachigen Pastoralpsychologie, vgl. Joachim Hänle & Martin Jochheim, Abschied von den Eltern? Warum es sich immer noch lohnt, PastoralpsychologIn zu sein, in: Wege zum Menschen 50 (1998) 54 – 70, 59ff; Martin Jochheim, Die Anfänge der Seelsorgebewegung in Deutschland. Ein Beitrag zur neueren Geschichte der Pastoralpsychologie, in: Transformationen 17 (2012) 180 – 228, 216.

169 „In einem Satz zusammengefasst ist die ganze Arbeit der Theologie dazu bestimmt, das Unbedingte durchgängig vor den Bestrebungen seiner eigenen religiösen und weltlichen Erscheinungsformen zu schützen.“ (Paul Tillich, The Two Types of Philosophy of Religion, in: ders., Theology of Culture [Robert C. Kimball, Hrsg.], London – Oxford – New York 1972, 10 – 29, 29)

170 s. Hermann Beland, Religion und Gewalt – Gewalt im Begriff. Soziale Gewalt durch Realitätsverzerrungen in theologischen Begriffsbildungen, in: Ders., Unaushaltbarkeit. Psychoanalytische Aufsätze II zu Theorie, Klinik und Gesellschaft, Gießen 2011, 397 – 322.

171 vgl. Anja Kramer, Günter Ruddat & Freimut Schirrmacher (Hrsg.), Ambivalenzen der Seelsorge (FS Michael Klessmann), Neukirchen-Vluyn 2009; Thomas Beelitz, „Gib deinem Sinn ein Leben!“ Über hermeneutische Kompetenz als das Spezifische des pastoralpsychologischen Ansatzes – ein persönlicher Werkstattbericht (revidierte Fassung über den Autor erhältlich tbeelitz@gmx.de), in: Transformationen 11 (2011) 107 – 141, 130ff.

172 s. Gerd Theißen, Das Verschwinden des hermeneutischen Konflikts. Zur Rezeption von Paul Ricoeur in der deutschsprachigen Hermeneutik, in: Evang. Theol. 73 (2013) 258 – 272, 270ff.

173 vgl. Beelitz 2011, 114ff.

174 Gregory Bateson & Mary Catherine Bateson, Wo Engel zögern. Unterwegs zu einer Epistemologie des Heiligen, Frankfurt am Main 1993, 24.

175 Bateson 1993, 82.

176 Schellong 2002, 239 Fn. 3.

177 Primo Levi, Anhang: Zeittafel, in: ders. 2011, 580 – 613, 600.

178 Reinhold Niebuhr, The Self and the Dramas of History, New York 1955, 235ff. 

179 R. Niebuhr 1964, 251.

180 R. Niebuhr 1964, 256.

181 s. Christof Gestrich, Die Wiederkehr des Glanzes in der Welt. Die christliche Lehre von der Sünde und ihrer Vergebung in gegenwärtiger Verantwortung, Tübingen 1989, 136.

182 s. Don S. Browning & Terry D. Cooper, Religious Thought and the Modern Psychologies, 2. Aufl., Minneapolis 2004, 78f, 92ff.

183 vgl. Bertold Brecht, Das Paket des lieben Gottes. Eine Weihnachtsgeschichte, in: ders., Geschichten, Berlin – Weimar 1981, 87ff.

184 vgl. Thomas Nagel, Mind and Cosmos. Why the Materialist Neo-Darwinian Conception of Nature Is Almost Certainly False, Oxford – New York 2012.

185 s. Hannah Arendt, Lying in Politics: Reflections on the Pentagon Papers, in: New York Review of Books, Nov. 18, 1971, 28 S.; Hannah Arendt, Truth and Politics, in: dies., Between Past and Future. Eight Exercises in Political Thought, New York 1973, 227 – 264.

186 „Wir sind Erzschurken, alle miteinander, trau keinem von uns!“ (William Shakespeare, Hamlet, III,1; Übers. E. Fried)

187 vgl. Arendt 1971, 21.

188 Arendt 1973, 254.

189 Marty 1983, 111.

190 vgl. Arendt 1973, 255.

191 s. Arendt 1973, 264.

192 Kristeva 1993, 144.

193 Emmanuel Lévinas, Vier Talmud-Lesungen (1968), Frankfurt am Main 1993, 52.